Haiko Hübner – ein Mecklenburger

Hannelore Sigbjoernsen

Ich bin alt genug, das schreiben zu dürfen: Diesen jungen Mann als Sohn oder Schwiegersohn in der Familie zu haben – stolz könnte man darauf sein. Haiko hat drei Lieben: seine Familie – Frau Kerstin, Sohn Jonas und Töchterchen Clara, die Wälder, Felder und Seen seiner mecklenburgischen Heimat und die Geschichtsarbeit – aktives Forschen, Erkunden und Vermitteln wie auch das Sammeln, Ordnen und Systematisieren.

Wir kennen uns seit 2005, als er im Projekt „pro regio Pankow“ des Kulturrings seine Tätigkeit aufnahm. Nachdem die Geschichte des Runden Tisches Pankow durch den Kulturring in Berlin e.V. recherchiert und dokumentiert worden war, lag es nahe, sich mit den Runden Tischen in den anderen Pankower Ortsteilen zu beschäftigen. Der „Runde Tische Weißensee 1989/1990“ wurde sein Gegenstand. Die Aufbereitung dieses Teils der sog. Wendegeschichte ist am wenigsten in Archiven möglich. Man muss an die Aktivisten heran, die damals an den Runden Tisches saßen, die viel Zeit und Engagement aufgebracht hatten, um drohendes Chaos und Gewalteskalationen zu verhindern und Neuwahlen vorzubereiten. Nach 15 Jahren waren sie fast vergessen, waren kaum noch gefragt, als das Leben wieder in normalen Bahnen lief. Nicht wenige waren darüber verärgert, wollten von ihrem damaligen Tun nichts mehr wissen, hatten sich zurückgezogen und ihre Unterlagen in den Müll geworfen. Da war neben der Recherchearbeit vor allem Fingerspitzengefühl gefragt. Vertrauen musste erarbeitet werden. Die Partner waren aufzuschließen wie eine wertvolle Schatztruhe. Im Ergebnis, durch die von Haiko Hübner erarbeitete Ausstellung, erfuhr die Öffentlichkeit erstmals, welche Gefahr damals in der Stasizentrale von Weißensee lauerte, wie gerade in Berlin-Weißensee der friedliche Verlauf der sog. Wende hätte kippen können. Gerade jetzt, 20 Jahre danach, ist diese Exposition wieder gefragt.

Zu schreiben, dass ohne Haiko das 2008/2009 vom Kulturring mit initiierte und getragene internationale Jugendprojekt „DO IT“ gescheitert wäre, scheint vermessen. Doch alle, die daran beteiligt waren, sehen das nicht anders. Nicht nur, dass er seine Kenntnisse über die Jahre 1989/1990 den Jugendlichen so vermitteln konnte, dass sie Interesse am eigenen Forschen fanden. Er bewies Organisationstalent, war Verfasser von Konzeptionen, Briefen, Grußworten etc. und gestaltete am Ende auch noch das T-Shirt, das alle Konferenzteilnehmer erhielten. Er blieb ruhig und ausgeglichen – eben Mecklenburger – wenn bei manch anderem aus der Organisationsgruppe die Geduld schon am Ende war.

„Nebenbei“ verfasste er noch eine Broschüre über die Pankower Wappengeschichte, nachdem er die Arbeit einer Wappenkommission unterstützt und eine Ausstellung zum Thema aufgebaut hatte, deren Inhalt von ihm konzipiert worden war.

Aus seiner Beschäftigung im Kulturring heraus hatte sich ein für ihn äußerst wertvoller Kontakt zum Pankower Museumsverbund hergestellt. Dort wusste man sehr bald zu schätzen, wie er sich in die Systematisierung und Klassifizierung des umfangreichen Archivbestandes hinein gekniet hat, nachdem drei ehemals eigenständige Bezirksmuseen aufgelöst und Sammlungen in der Prenzlauer Allee zusammengeführt werden mussten. Und immer wieder ist seine Mithilfe gefragt, wenn es darum geht, mit Jugendlichen Geschichtsprojekte durchzuführen – von der Konzeption bis zur Umsetzung. Sei es, dass er Kindern Anleitung gibt, sich die Historie des Pankower Bürgerparks zu erarbeiten, oder er mit Schulklassen aus Blankenfelde und Lübars den ehemaligen Mauerverlauf nachgestaltet, um ihnen nacherlebbar zu machen, was es hieß, in einer geteilten Stadt zu leben. Das Projektergebnis hat ihm mehr noch das Lob der Eltern eingebracht, die dankbar waren für diese Erinnerungsarbeit. Jüngstes Arbeitsergebnis: Die Ausstellung zur Geschichte der Berliner Straße in Pankow, die ab 8. Januar dort vor Ort gezeigt wird, für deren Gliederung, Bildauswahl und Texte er verantwortlich zeichnet. Haiko könnte auch Deutsch unterrichten, denn in dieser Richtung hatte er einmal studiert. Jetzt aber ist er dabei, sich die Archivwissenschaft anzueignen – seine dritte Liebe zu vervollkommnen.

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