Ein Ende ohne Ende

Lutz Wunder

Als der Kulturring im Jahre 2006 vom bezirklichen Kulturamt in Marzahn-Hellersdorf angefragt wurde, ob er sich ein Engagement zur Unterstützung der Tätigkeit - und damit zum Erhalt - der kommunalen Galerie M vorstellen könne, war die Frage sofort klar beantwortet, denn vor Ort engagierte sich der Verein immer kommunalpolitisch verantwortungsvoll und kooperativ. In der oberen Etage der Galerie sollte also ein kulturelles Angebot eingerichtet werden, das weitere Besuchergruppen, insbesondere auch aus der unmittelbaren Umgebung, in die Einrichtung lockt. Wie so oft in besonderen Konstellationen gab es bald zur Unterstützung der Aufgabe eine Beschäftigungsmaßnahme vom JobCenter, und so standen am 1.10. Mitarbeiter bereit, die angesagten Aufgaben in Angriff zu nehmen. Sie waren alle sehr motiviert und interessiert, natürlich nicht „vom Fach“, und so wurden im ersten Projektjahr viele Erfahrungen zur Entwicklung von Veranstaltungsideen, zur Arbeit mit Projektkonzeptionen, zur Betreuung von Besuchern und der notwendigen Öffentlichkeitsarbeit gesammelt.

Erfahrungsgemäß mussten sich auch die beiden Institutionen erst zusammenraufen, was manchmal auch Stress bedeutete, aber erste neue Besucher ließen sich in der Galerie sehen, und es gab einen Hoffnungsschimmer, dass das Engagement der Mitarbeiter die Galerie ein Stück mit weitertragen würde. Aber es wurde auch deutlich, dass aus dem Mitarbeiterkreis kein Finanzierungskonzept für die finanzielle Perspektive der Galerie erwachsen würde – was in speziellen Agenturen von hochausgebildeten Mitarbeitern teuer und in geeigneten Zeiträumen entwickelt wird.

Im Dezember 2006 starteten die ersten Veranstaltungsreihen: ein monatlicher sonntäglicher Familiennachmittag und die Reihe Klassik in der Galerie. Obwohl die Künstlerinitiative „Die neue Brücke“ auch ab und zu Veranstaltungen in der Galerie durchführt, fanden die Angebote nicht einen größeren Gästekreis und kein Stammpublikum. Trotzdem bemühte sich das Team um weitere kreative Ideen, und schon im Mai 2007 wurden für Kita und Schulen künstlerische Gestaltungsworkshops (Origami, Malen und Zeichnen, Monotypie), sowie erste Kindertheatervorstellungen angeboten. Es gab damals auch schon zwei gemeinsame Ausstellungen mit der Kita Katz und Maus, die sehr freudig von den Kindern, den Erziehern und Eltern angenommen wurden.Im Dezember 2007 / Januar 2008 belebte sich in der Öffentlichkeit wieder die Diskussion um Situation und Perspektive der Galerie. Ein neues Ausstellungskonzept und Profil wurde durch das Kulturamt vorgestellt. Natürlich war es auch für den Kulturring Anlass, über die Formen seines inhaltlichen Engagements nachzudenken. Es wurden in Vorbereitung der Verlängerung der Beschäftigungsmaßnahme die angestrebten Besucherzielgruppen überdacht, auf das Engagement der Projektarbeit ins Umfeld der Galerie orientiert und auch immer mögliche Kooperationen in der Marzahner Promenade und mit dem Eastgate angedacht. Als im Oktober 2007 die Verlängerung der Maßnahme erfolgte, hatten die Mitarbeiter eine klare Aufgabenstellung vor sich und entwickelten weitere Ideen, wie die Kiezspaziergänge „Kultur per Tour“ oder das Galeriefrühstück. Nebenbei konnten Interessierte immer wieder auch ein Konzert oder eine Lesung besuchen. Viele Kitagruppen lernten nun auch die Galerie bei Bastelstunden am Vor- oder am Nachmittag kennen, und immer wieder war es eine besondere Freude und erfüllte die kleinen Künstler mit Stolz, wenn ihre Werke auch in einer Ausstellung zu sehen waren.

Höhepunkte im Jahr 2008 waren die Ausstellungen mit den Kitas Spatzennest und Katz und Maus. Im Oktober dann wurde die Teilnehmerzahl in der weiterführenden Beschäftigungsmaßnahme halbiert. Die zum Teil neuen Mitarbeiter konzentrierten sich nun auf die weitere Arbeit am zukünftigen Kulturführer für den Bezirk, einige Veranstaltungsschwerpunkte wie Galeriefrühstück und Kultur per Tour. Aber es wurden auch zwei neue interessante Projekte entwickelt: „SchulArt“ sollte große Ausstellungen künstlerischer Arbeiten von Schülern präsentieren. Die Schüler erarbeiteten die Ausstellungskonzeption und gestalteten die Vernissagen. So wurden die Ausstellungen mit der Tagore-Schule, dem Wilhelm-von-Siemens-Gymnasium, dem Otto-Nagel-Gymnasium, der Ebereschen-Grundschule zu Höhepunkten in der Projektarbeit sowohl der Schulen als auch des Kulturring-Teams. Das zweite Projekt, von der Künstlerin Margit Kretzschmer entwickelt, benennt sich „Müll macht Kunst – künstlerische Stadtgestaltung aus Altmaterial“ und zielt auf die Motivierung zum Umweltbewusstsein. Die Ulmenschule und die Schule unter dem Regenbogen waren die aktiven Kooperationspartner.

Nun läuft die Beschäftigungsmaßnahme aus, eine Verlängerung oder eine neue gibt es nicht, der Bezirk kann die weitere Projektarbeit nicht unterstützen. Der Kulturring verlässt die Galerie, diese ist wieder in ihrer Existenz gefährdet. Alles zu Ende. Für Verantwortliche im Bezirk scheinbar. Für den Kulturring allerdings nicht. Alle neueren Projekt werden in anderen Einrichtungen oder in Kooperation mit anderen kulturellen Einrichtungen weitergeführt – also, ein Ende ohne Ende, kulturring-gemäß. Vielleicht hätte, frei nach Brecht, der Bezirk das Geld für die Ausgestaltung des Bezirksjubiläums lieber für den Erhalt der Galerie M verwenden sollen, es wäre langfristiger angelegt und der Bezirk wahrscheinlich nicht um eine sehr wichtige kulturelle Einrichtung ärmer.

Archiv