„Schulbücher verteilt man nicht aus Panzern“,

Ingo Knechtel

sagte am 1.9. ein Teilnehmer der Friedenslesung im Kulturforum Hellersdorf und führte die Kriegslegitimation des SPD-Politikers Struck, auch am Hindukusch werde „unsere Sicherheit ... verteidigt“, ad absurdum. Die bekannte indische Schriftstellerin Arundhati Roy spricht in ihrer Rede zur Eröffnung des Literaturfestivals in Berlin von „der Fusion von Demokratie und freiem Markt, ihre Verschmelzung zu einem einzigen, räuberischen Organismus, in dem eine abgemagerte, beschränkte Vorstellungskraft nur noch Gewinnmaximierung kennt.“ Sie fragt: „Gibt es ein Leben nach der Demokratie“, und meint die „westliche, liberale Demokratie, ihre Varianten und ihre Realität“. Zwei Stimmen sind dies in einer Zeit, die geprägt ist von oft sinnentleerten oder manipulativen, wahlkämpferischen Phrasen, von Versprechen ohne Wert und Bestand, aber auch – viel grundsätzlicher – von einem „Raub der Sprache durch die Propheten des Marktes“ (Roy). Angesichts des medialen Eintopfs heben sie sich wohltuend von der Masse ab. Dass solche Stimmen in der Öffentlichkeit zu hören sind, ist bei weitem nicht selbstverständlich. Es erfordert engagierte Redakteure aber auch unser aller Einsatz. Deshalb ist es wichtig, dass wir nicht nur mediale Vielfalt fordern, sondern auch hohe Ansprüche an Qualität, Wahrheit und Wahrhaftigkeit stellen. Gerade darum lohnt es sich eben auch, neue Projekte, wie das „Herbstradio“ (www.herbstradio.org) in Berlin zu unterstützen, damit es nicht nur ein spannendes Experiment bis November bleibt, sondern ein gut gemachtes, nicht kommerzielles Bürgerradio auf Dauer wird. Helfen Sie dabei und vor allem: Nennen Sie die Dinge bei ihrem wirklichen Namen!

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