Dornenhecke der Ausgegrenztheit fällt

Alena Gawron

Sprachbehinderte Kinder sind von vornherein durch Ausgegrenztheit bedroht. Schlechte Kommunikationsfähigkeit kann ein signifikanter Hinderungsgrund sein, in die Gemeinschaft gleichberechtigt integriert zu werden. So haben diese Kinder, unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund, eine schlechtere Ausgangsbasis für ihre weitere Entwicklung. Durch Theaterspiel kann vor allem das Selbstbewusstsein der Kinder gestärkt werden. Denn Spiel setzt verschiedene Fähigkeiten in Gang: situatives Handeln, Verantwortung für die Gruppe, Förderung der Kreativität und Fantasie.

Dazu schufen die Theatermacher im Berliner Tschechow-Theater in Marzahn NordWest eine märchenhafte Welt, eben eine künstliche, theatralische Realität, in der sich die Kinder als geschützt betrachten konnten. Gespielt wurde „Dornröschen“ und damit eine Märchenrealität fixiert, in der alles, was die Kinder darstellten, zu einem guten Ende kam. Die Kinder haben Spiel und Erfolg auf einer anderen Ebene als der ihrer Eingeschränktheit erfahren, nämlich mit viel Musik, Bewegung und Singen. Sie haben das Märchen vor allem körperlich, sinnlich erspüren und auf diese Weise darstellen können. Dadurch wurden ihnen Mittel gezeigt, wie auch ohne Sprache kommuniziert werden kann und dass das Theater für viele Fähigkeiten Verwirklichung bietet. Vorhandene Anlagen der Kinder wurden genutzt und zu ihrem Wohle eingesetzt. Die Kinder hatten Erfolgserlebnisse: wer sprechen wollte, hat erzählt, wer nicht sprechen wollte, hat getanzt oder gesungen. Es kam auf das Miteinanderspielen an. Sie spielten zu guter Letzt vor mehr als 120 Schülern, die teilweise mit offenem Mund staunend dem Märchenvorspiel ihrer Schulkameraden folgten. Der Höhepunkt war die Premiere im Berliner Tschechow-Theater, wo die Kinder ihr Können stolz ihren Eltern und vielen Besuchern aus dem Stadtteil zeigten.

Ein Dankesbrief erreichte den Kulturring: „Die Klasse 4a der Dahlmann-Schule Berlin-Marzahn durfte an Ihrem Theater ein Märchenprojekt durchführen. (...) Es war eine aufregende und erlebnisreiche Zeit. Unsere Schüler hatten einige Proben zu bestehen, z.B.: Wie spreche und gestalte ich meine Rolle richtig? Oder, ist diese Rolle die richtige für mich? Da in unserer Klasse 10 Jungen und nur 2 Mädchen lernen, war die Rolle der Königin mit einem Jungen zu besetzen. Paul machte seine Sache großartig. Diese Arbeit bewies uns, dass die Schüler durchaus in der Lage sind, sprachliche Herausforderungen anzunehmen und umzusetzen. Alle Schüler haben in dieser Zeit gelernt, was es heißt, auf andere Rücksicht zu nehmen. Dank Ihrer großen Geduld und Ihres Einfühlungsvermögens hatte keiner das Gefühl, bei der Darstellung seiner Rolle zu versagen. Natürlich fanden die Kinder es auch toll, in so herrlichen Kostümen auftreten zu können. Die Eltern, Schüler, Schulleitung, Lehrer und Erzieher waren des Lobes voll. Nicht nur über die sprachliche Leistung, sondern auch die gestalterischen Möglichkeiten, die viele Kinder boten. Wir sind uns alle einig, dass wir uns wieder an einem Projekt Ihres Theaters beteiligen würden. Dieses Projekt war (...) für unsere Kinder ein voller Erfolg. Vielen Dank.“ Mögen diesem Erfolg noch weitere folgen.

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