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Alena Gawron

Es gab eine glänzende Premiere im Tschechow-Theater am 13. Juli. Eine Gruppe von Jugendlichen, die nicht unterschiedlicher sein könnten - verschiedene Charaktere, soziale und ethnische Herkunft - werden zum gemeinsamen Nachsitzen in einem Klassenraum der Schule beordert. Auf Grund von Disziplinlosigkeiten und Störungen im Schulunterricht soll jeder einen Aufsatz schreiben zum Thema „Wer bin ich ?“ Unbeaufsichtigt kommt es hierbei nicht nur zu Wortgefechten und Handgreiflichkeiten zwischen einzelnen Schülern, sondern zwangsläufig auch zu einem Blick hinter die Fassaden der einzelnen. Vorhandene Vorurteile und Klischees fangen an zu zerbröckeln. Die Probleme und Ängste, aber auch die Träume und Wünsche werden für die Jugendlichen auf unterschiedliche Weise innerhalb dieser Zwangsgemeinschaft sichtbar und hinterlassen einen nachhaltigen Eindruck bei allen. Das Ganze ist ein Musiktheaterstück, das die Leiterin des Tschechow-Theaters in Zusammenarbeit mit dem Regisseur und Theaterpädagogen Sven Zankl und den deutsch-russischen HipHop Rappern Andreas Bannikov und Sven Wagner mit Jugendlichen der 9. und 10. Klassen an der Johann-Julius-Hecker-Oberschule in Marzahn Nordwest entwickelte.

Siebzehn Schüler meldeten sich für das Theaterprojekt an. Da sie aus verschiedenen Klassen kamen, war es wichtig, einen Dialog und Austausch unter ihnen anzuregen und gemeinschaftliche Spielfreude für die Erarbeitung des Theaterstückes zu erzeugen. Dabei wurde nur die Idee des Theaterstückes vorgestellt. Einige Anregungen gab es zu einzelnen Szenen, die Texte erarbeiteten die Schüler. Während des Probenprozesses haben die Jugendlichen sehr schnell Akzeptanz und Interesse füreinander gefunden. Dabei spielte die soziale Herkunft oder der Migrationhintergrund keine bedeutsame Rolle in der Gruppe. Um so mehr wurde die musikalische Gestaltung des Theaterstückes mit selbst komponierten deutsch-russischen Texten einzelner Jugendlicher mit Migrationhintergrund (Russlanddeutsche) als bilateraler Beitrag und interkulturelle Bereicherung von allen sehr positiv aufgenommen.

Die Premiere wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis für die Schüler, da die Zuschauer die Geschichte mit großer Begeisterung aufnahmen und die jungen Schauspieler mit lang anhaltendem Applaus bedachten. Das positive Feedback von Freunden, Klassenkameraden, Lehrern und Eltern sowie vielen Interessenten aus dem Stadtteil Nordwest von Marzahn tat besonders einigen Jugendlichen in der Spielgruppe gut, die eher wenig Selbstbewusstsein besaßen, große Ängste vor den Reaktionen des Publikums hatten und sich sehr schwer taten, einen Text laut zu sprechen.

Bei der anschließenden Premierenfeier zeigten sich alle ausgelassen, aber auch sehr stolz über ihre künstlerische Leistung auf der Bühne. Sie würden sich nach dieser positiven Erfahrung nach eigener Aussage umgehend wieder für ein neues Theaterprojekt anmelden. Im Gespräch mit Lehrern wurde klar, dass Jugendliche während der Teilnahme an dem Projekt plötzlich offener und zugänglicher waren und sich mehr zutrauten im Unterricht.

Es ist also offenbar wichtig, regelmäßig kreative Angebote, wie z.B. Musik, Theater oder bildende Kunst, als künstlerische Projekte an den Schulen durchzuführen, da sie für die ganzheitliche Entwicklung junger Menschen von Nachhaltigkeit sind und es ihnen ermöglichen, neben der Entfaltung kreativer Potenziale auch soziale Kompetenzen im Umgang mit sich und anderen zu schulen. Klischees und Vorurteile auf Grund von Äußerlichkeiten und Verhaltensweisen sowie fehlende Kenntnis über unterschiedliche kulturelle Herkunft und Religion sind immer wieder Nährboden für Angst, Ablehnung oder Aggression gegenüber den Anderen Wenn aber junge Menschen miteinander sprechen und mehr voneinander erfahren, können sie mehr Toleranz und Verständnis füreinander entwickeln.

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