Richard Rubner - über angewandte Kreativitätstheorie

Aninka Ebert

Bei Richard Rubner, Aktivist im Medienpoint Schöneberg, ist man verführt, eine Fotostrecke als Hommage zu drucken: als Drag Queen mit silberner Glamourbrille und Hexenhut an Halloween oder als Weihnachtsengel mit Goldreif im Haar und Porzellangans unterm Arm, die Crellestraße auf und ab flanierend. Auch als kleiner Junge ist er uns schon begegnet, gerahmt und im Arm seiner Mutter, mit einem Briefchen in zarter Kinderschrift an sie im Muttertag-Schaufenster des Medienpoints. Thematische Fenster sind eines seiner Spezialgebiete. Aus einem scheinbar unerschöpflichen Deko-Fundus – und einem offenbar ebenso unerschöpflichen Raumvolumen seiner Wohnung – bringt er immer wieder köstliche Überraschungen zu Tage, die zu den über Wochen gesammelten und ausgewählten Büchern drapiert werden. Schwarzer Rabe und Ratte ziert die Gruselwoche, die Heino-Schallplatte den Muttertag, überdimensionierte Pril-Blumen die 1970er Jahre, kleine Kükengirlanden das Osterfenster, Geweihteile die Wolfsbuchreihe. Schon mancher Kunde interessierte sich mehr für die Deko als die ausgestellten Medien. Wer schon mal im Medienpoint gearbeitet hat, weiß, wie langwierig die gezielte Suche, aber auch wie wunderbar das zufällige Entdecken in den Büchermengen sein kann. Richard Rubner hat ein besonderes Faible für gesellschaftliche Themen, wie für das Absurde und Trashige, das er nicht selten aus den von den Kollegen aussortierten Spenden herausfischt. Kochbücher aus den 1970ern, deren nachkolorierte Abbildungen absurd drapierter, fettglänzender Hähnchenteile, die Geschmacksnerven augenblicklich betäuben, altbackene Familienratgeber mit unverfälschten Rollenklischees, unscheinbare Rechenbüchlein mit nazi-propagandistischen Beispielaufgaben, ausgefallene Bildbände zu Kunst und Fotografie. Und wenn es heißt: „Ich hab hier mal wieder was ganz Köstliches gefunden“, darf sich wieder auf Delikatessen gefreut werden.

Nicht minder reichhaltig ist sein Angebot an kreativen Ideen für Veranstaltungen, und wenn ihm nicht gerade ein passender Kleinkünstler einfällt, dann bringt er eben seine eigenen Kunst-Werke mit.

Kein Wunder, dass man sich mit allen kreativen Fragen erstmal an ihn wendet, ihn, der immer freundlich zurückhaltend ist und sich bildlich als überbordende Schatztruhe erweist: Model, Lichtbildkünstler, Szenekenner, Sammler und Menschenfreund.

Archiv