Gudrun Kühne – Akt und Landschaft

Dorit Bearach

Es ist Herbst, noch einmal ein warmer Tag, noch einmal Gold und das Blau vom Himmel...

Im Wald hört man nur noch selten einen Vogel... geblendet vom nassen Laub , die blinzelnde Spur der Schnecken auf frischgrünem Moos... „nimm doch einen Stock, dann kleben dir die Spinnweben nicht ins Gesicht...“ Knick und Knack unter den Füßen... es hallt im Wald, wenn wir nach Pilzen, Steinen, Blicken und neuen frischen Düften Ausschau halten...

Sie, meine beste Freundin, meine liebe Kollegin, sie kann all dies fangen... ein Federstrich, ein Grün-, und Rosapinselstreicheln, ein heftiger Kohlestrich...

und da ist sie, die Weite, die Blauenstunde...

Dieser Duft des Ginsters, die Kühle der Schatten unter den Zypressen, der verborgene süßsauere Geschmack des Granatapfels...

Dieses Glück so aufzunehmen, mit solch großen Augen und noch viel mehr Lust. Lust und Gier (im Sinne des Verlangens), kenne ich nur bei dir Gudrun. In solchen Momenten vereinnahmst du alles um dich herum...

Es kann der Wald sein, es kann Anatolien, oder Kreta, es kann die Jugend und die Zerbrechlichkeit des Models, seiner Sicherheit und seiner Scham sein...

Es wird mit all deinen Sinnen - deins!

So unmittelbar entstehen Gudrun Kühnes Werke; meistens vor Ort, inmitten der Natur. Es entsteht eine Direktheit und oft eine solche Vehemenz ,die den Zuschauer sinnlich fängt. Diese Unmittelbarkeit erscheint uns auch „zwischen den Linien“ ihrer Aktzeichnungen. Dem Anschein nach eine Studie, eine Untersuchung der Natur, der Bewegung, des Körpers und seiner Anatomie in einer vorgegebenen Situation; de Facto sind es Skizzen und Studien einer Sinnlichkeit, Studien einer Stimmung, eines Charakters ... und da diese Vehemenz doch nicht fehlt, sind die Zeichnungen persönlich, ja fast intim.

Diese Zeichnungen dienen auch als Vorlage für Gudruns plastische Arbeit. Es ist dann das vibrierende Mädchen, das in Bronze gegossen ist, die Verträumte, die aus dem Stein ausgeschält wurde... Weiblichkeit, die sowohl zart und zerbrechlich ist, wie auch die, die protzt; all das ist Gudrun, all das ist Teil ihres Ich, das immer seine Humanität und seine sinnlich-erotische Ausstrahlung inne hat.

Sie spielt mit der Form und freut sich beim Streicheln der Oberfläche, beim Aufspüren und Aufdecken der Muscheln im Stein beim Fang der Lichtstrahlen und des Schattenwurfes. Öfter ist ihr Ausdruck ein klein bisschen überzogen, so, als wolle sie dieser inneren Welt gegenüber den Ausdruck nicht verlieren. Diese Expressivität ist aber immer wohlwollend, immer dem Menschen zugeneigt, immer poetisch, immer mit der Kraft ihre warmen großen Hände.

Es sind keine großen Sensationen, es sind kleine Momente die ich mag.

Die Ausstellung ist noch bis zum 18. 12. in der Galerie Ostart, Giselastr. 12, in Berlin-Lichtenberg zu sehen (Die-Frei 10-15, Sa 13-17 Uhr).

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