Facetten einer Künstlerin

Antje Mann

Umtriebig ist sie, arbeitet als Malerin, Texterin, hat Kinderbücher illustriert, schreibt Krimis und leitete 15 Jahre lang die „Distelchen“, eine Schülerkabarettgruppe Darüber hinaus ist die Künstlerin Regine Röder–Ensikat, Jahrgang 1942, Mitglied des Vorstandes im Kulturring. In einem Gespräch in der Galerie Ost Art, wo kürzlich ihre Ausstellung „Katzen und Anderes“ Tier- und Kunstliebhaber gleichermaßen anlockte, erzählte sie mir aus ihrem spannenden Künstlerleben.

Eigentlich wollte sie Journalismus in Leipzig studieren, jedoch als Kind einer sogenannten „Intelligenzlerfamilie“ konnte man in der DDR im Jahr 1960 abgelehnt werden. Die dreitägige Aufnahmeprüfung an der Fachschule für Angewandte Kunst in Berlin mit Plakatgestalten, Verpackung-Entwerfen sowie Werbetext- und sogar Diktatschreiben bestand sie dagegen mit Bravour. So wurde sie Werbeökonomin bzw. -designerin und war fortan freiberuflich in ihren vielen künstlerischen Berufen bzw. Berufungen tätig. Eine ihrer ersten Aufträge führte sie nach Moskau. Es ging um eine Ausstellung zum 15. Jahrestag der DDR. Sie hatte die Aufgabe, Texte zu gestalten, die damals noch ausschließlich mit der Hand und ohne technische Hilfe durch den PC entworfen wurden. Sie entwarf und gestaltete Messestände u.a. zur Leipziger Buchmesse. Ab 1968 begann sie, Kinder- und Jugendbücher zu illustrieren.

Parallel dazu entstanden ihre ersten Gemälde. Ihre allererste Ausstellung war 1981 in den Räumen der Bezirksgeschäftsstelle des Kulturbundes in Lichtenberg im Rosenfelder Ring. Weitere Ausstellungen führten sie bis nach Kiew und Tokio, ihre über 17 Personalausstellungen wurden u.a. in Berlin, Leipzig und Hamburg gezeigt.

Als nach der Wende das Sterben der DDR-Verlage begann, blieben die Aufträge aus, und sie meldete sich arbeitslos. Dieser, wie sie selbst meint, glückliche Umstand, führte sie in eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, wo sie mit anderen Enthusiasten das Kinderliteraturhaus „Les-Art“ in der Weinmeisterstraße in Mitte gründete. Auslöser für die Entstehung dieser noch heute beliebten Einrichtung waren die Erfahrungen aus der Arbeit mit behinderten Kindern. Mit Masken-Gestalten, Märchen-Illustrieren und anderen spielerisch-kreativen Ideen rund um die Kinderliteratur wurde nicht nur Lesefertigkeit, sondern auch Begeisterung für Bücher bei den Mädchen und Jungen geweckt. Diese Erfahrungen von Regine Röder-Ensikat flossen 1992 in die Gründung der Schülerkabarettgruppe „Die Distelchen“ ein. Während einer ihrer Ausstellungen 1992 in der Galerie 100 in Hohenschönhausen plante sie gemeinsam mit der Galerieleiterin ein Kinder- und Jugendprojekt. Es begann mit dem Bauen von Kasperpuppen. Sie schrieb ein Stück dazu, und die Kinder spielten es dem Publikum vor. Das war ihnen irgendwann nicht genug, sie wollten ohne Puppen selbst als kleine Schauspieler agieren. So entstanden 1993 „Die Distelchen“, 10 Kinder im Alter von 9-10 Jahren, sechs davon blieben bis zum Abitur der Gruppe treu. Ein Distel-Mädchen ist Schauspielerin geworden, sie hat heute ein Engagement am Theater in Neustrelitz. Regine Ensikat-Röder zog noch eine weitere „Distelchen-Generation“ heran, bis auch diese sich nach dem Abitur in alle Winde zerstreuten. Im März 2008 fand der endgültig letzte Auftritt statt. Rückblickend auf diese Arbeit, meint Frau Röder-Ensikat, es war nicht nur schön zu sehen, wie es den Kindern Spaß gemacht hat zu schauspielern, sondern ebenso, dass sie plötzlich bessere Noten im Deutschunterricht bekamen, Gedichte aufsagen konnten, und das mit einem enormen Selbstbewusstsein.

Ihre Vorliebe für Krimis, insbesondere die von Patricia Highsmith und die spannende Frage „Was bewegt jemanden, der etwas Kriminelles plant?“ inspirierten sie, es selbst einmal mit dem Schreiben von Krimis zu versuchen. Im Jahr 2000 erschien ihr erster Kriminalroman „Vor Witwen wird gewarnt“ im Verlag Neues Leben. Als Autorin von Kriminalgeschichten ist sie Mitglied der Mörderischen Schwestern. Sie stellt derzeit Krimikurzgeschichten für eine Veröffentlichung zusammen und hat ein neues spannendes Umfeld für die Helden ihrer Erzählungen gefunden: die Rentner-Wohngemeinschaft. Aus eigenen Erfahrungen, die sie in den Ferienwohngemeinschaften der jährlich stattfindenden Urlaubsfahrten mit ehemaligen Klassenkameraden sammeln konnte, schließt sie: „Das kann nicht funktionieren!“ Interessant zu hören, dass in ihren Geschichten die kriminelle Energie immer von den Frauen ausgeht. Männer haben eher Nebenrollen oder sind „Objekt der Begierde“. Am 11.10.2008 zum „Tag der offenen Tür“ im Studio Bildende Kunst kann man sie mit ihren Krimis live erleben.

Regine Röder-Ensikat steckt immer voller künstlerischer Energie. Sie plant ein neues Projekt, eine Kabarett-Gruppe 50+ und sucht dringend dafür Mitstreiter/innen. Interessierte melden sich bitte unter Tel. 5640263.

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