Dass sich das Berliner deutsch-russische Tschechow-Theater des Kulturrings in den letzten Jahren zu einem Kulturzentrum für das Wohngebiet Marzahn-NordWest am nördlichen Stadtrand entwickelt hat, darüber haben wir mehrmals berichtet. Auch darüber, dass das Theater damit zu einem immer aktiveren Anziehungspunkt für die verschiedensten Besuchergruppen – auch altersmäßig – geworden ist. Unter diesem Blickwinkel spielt das Theater mit seinen Angeboten für die jüngste Gruppe der Besucher – die Vorschulkinder – eine besonders aktive Rolle. Die Kleinen besuchen in der Regel mit ihrer Kitagruppe das Theater – und zumeist erleben sie zum ersten Mal die Faszination des Theaters. Sie können aber auch zu einem kreativen Bastelangebot vorbeischauen und ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Oder sie nehmen an den Theaterspielkursen von Natalija Sudnikovic teil.
Das interessanteste Angebot für die Jüngsten ist aber das Kinderstudio „Sonnenschein“. Dort lernen Vorschulkinder nun schon seit einigen Jahren spielend und in russischer Sprache lesen, schreiben und rechnen. Dabei wird gesungen, getanzt und natürlich auch gebastelt. Die pädagogische Grundlage für die Stoffvermittlung bietet eine speziell entwickelte Methode des russischen Pädagogen N. A. Sayzew. Das Kinderstudio wurde im Tschechow-Theater von der Schauspielergruppe um Johann Keib eingerichtet und wird nun schon seit 2002 über mehrere Jahre von der Lehrerin Tamara Bott geleitet. Ihr Ziel ist es, Vorschulkinder in der Entwicklung von Sprach- und Denkfähigkeiten zur Bewältigung ihres zukünftigen Schullebens zu unterstützen. Damit die Kinder gerade in diesem Alter ihr Interesse und die Neugier fürs Lernen nicht verlieren, sollen sie beim Spielen lernen. Auf diesem für Kinder vertrauten Weg wird auch die Aufnahme des Lehrstoffes erleichtert. Das erreicht die Methode von Sayzew, die gerade auf dem Spielen basiert. Darüber hinaus lässt diese Methode alle Lücken in den Kenntnissen der Kinder, die sie vom Kindergarten mitbringen, intensiv und erfolgreich schließen. So ist es auch nach jedem Halbjahr sehr interessant und mit viel Freude zu beobachten, wie die Kinder vor den Eltern mit verschiedenartigen Spielen, in schönen fantasievollen Kostümen, ihre Lernergebnisse vorstellen.
Der Unterricht der Kinder erfolgt im Kulturringstudio „Sonnenschein“ in russischer Sprache. Das bedeutet nicht, dass sich die Eltern der teilnehmenden Kinder gegen die Integration ihrer Kinder in die deutsche Gesellschaft wehren. Sondern viele Kinder sprechen wenig oder gar kein Russisch mehr. Manchmal können sie dies zwar noch, aber lesen oder gar schreiben meistens nicht. Da sie aber von Russisch sprechenden Eltern stammen, verstehen sie die schwer erlernbare Sprache gut und haben ein Gefühl für sie. Dieses schon gegebene Potenzial zu nutzen und zu entwickeln, ist häufig der Wunsch der Eltern. Und für die Kinder ist es vielleicht besser, zweisprachig durch die Welt zu gehen - auch hinsichtlich ihrer späteren Berufstätigkeit. Also ein Stück Sonnenschein für das Leben.