Galerie OstArt – ein Kunstort mit Tradition

Lutz Wunder

In der verschlafen wirkenden Lichtenberger Giselastraße, zwischen den S-Bahnhöfen Nöldnerplatz und Lichtenberg gelegen, gibt es nur sehr wenige Orte, die eine Anziehungskraft für Besucher von außerhalb haben. Einer dieser Orte ist die Galerie OstArt des Kulturrings in dem Haus mit der Nummer 12. Auch sie fällt nicht im Einerlei des Straßenbildes auf, und der unvermittelt vorbei schlendernde Fremde würde hier über die Entdeckung einer Galerie sicher überrascht sein. Anders ist es jedoch, wenn in der Galerie eine Vernissage stattfindet, dann wird die Örtlichkeit zu einem Besucherzentrum im Viertel, dann stehen wegen Überfüllung auch Besucher vor der Galerie auf der Straße und machen Passanten neugierig. Die künstlerischen Angebote locken Interessenten aus der ganzen Stadt nach Lichtenberg. Trotz Veränderungen in den letzten Jahren gibt es eine Tradition des Profils und inhaltlichen Konzepts: Die Galerie versteht sich als Präsentationsort vor allem ostdeutscher Künstler und knüpft damit an die Kontakte des Kulturbundes e.V. an. Frühere Partner wurden befragt, wie sich ihre künstlerischen Handschriften, ihre Themen in den Jahren nach der politischen Wende in Deutschland verändert haben – oder auch nicht. Und so zeigten die ersten Ausstellungen Arbeiten von Arno Mohr, Walter Womacka, Antje Fretwurst-Colberg, Werner Schinko, und anderer aus der DDR bekannter Künstler. Zugleich ist über die Jahre hinweg das Ausstellungsprofil breiter geworden. Im Programm finden sich neben etablierten Künstlern den alten Bundesländern auch junge Künstler, die ihre Kreativität erst in der Nachwendezeit entwickeln konnten. Beispiele dafür sind die Ausstellungen von Gertrude Degenhardt, Gotthard Krupp oder auch die Arbeiten junger Künstler wie Johannes Helm, Martin Köhler oder auch Ole Christiansen.

Sicher sind die traditionell an dem frühen Ostart-Konzept orientierten Ausstellungen, wie beispielsweise die von Louis Rauwolf, Hans Vent, Gottfried Richter oder wie gerade jüngst Uwe Pfeifer auch heute noch Höhepunkte. Denn solche Ausstellungen sind fernab jeglicher Nostalgie, zeigen sie doch die Vielfalt künstlerischer Äußerungen früherer Jahre und ihre Entwicklungstendenzen bis heute. Die künstlerische Arbeit in der Galerie zeichnet sich auch dadurch aus, dass die ausstellenden Künstler häufig nicht nur zu den Vernissagen präsent sind. Lesungen, Konzerte oder andere Kunstaktionen sind ideale Gelegenheiten zum Dialog zwischen Künstler und Besucher. Dafür stehen z.B. Auftritte von Gina Pietsch mit Brecht-Liedern, ein Konzert mit Werken von Lothar Voigtländer zu Arbeiten von Christel Bachmann oder die Lesung von K.-H. Klingbeil im Rahmen seiner Ausstellung „Jahreszeiten“. Nachdem vor kurzem die in der Nachbarschaft gelegene bekannte Galerie „Sophienstraße 8“ – in kommunaler Trägerschaft – geschlossen hat, wird die kulturpolitische und künstlerische Bedeutsamkeit der Galerie Ostart sowohl als Kulturstandort im Kiez als auch als ein Kunstort mit Tradition in der Berliner Galerienlandschaft noch bedeutsamer und motiviert die Akteure, sich dieser Aufgabe weiterhin zu stellen.

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