Multiple Überraschungen

Aninka Ebert

Timothy William Donohoe im Portrait

198 groß, füllt Timothy Donohoe die Tür im Medienpoint. „Ich bin schon länger Kunde hier und finde dieses Projekt wirklich gut. Gibt es eine Möglichkeit, hier mitzuarbeiten?“ Nicht allein sein charmanter amerikanischer Akzent und seine offene freundliche Art verlangen ein spontanes und erfreutes Ja, denn gerade werden die neuen Teams zusammengestellt. Seine Begeisterung für Literatur macht ihn zum Prototyp des Bücherfans und den Medienpoint zum idealen Arbeitsort. Mit seiner Bücher verschlingenden Leselust ist er einer der verständnisvollsten Betreuer für die vielen Stammkunden im Laden, die inzwischen ohne diese Kulturringangebote zu verhungern glauben.

Alle werden zuvorkommend behandelt, manchmal in ein Gespräch verwickelt, mindestens aber breit und einladend angelächelt. Ab und an wird schon mal explizit nach „dem Amerikaner“ gefragt. Wen wundert’s noch, dass über ihn auch öffentlichkeitswirksame publizistische Kontakte entstehen? Netzwerk-Ideen und -kontakte angeregt werden? Seine englischsprachige Herkunft, verbunden mit einem besonderen Interesse an Sprache, eröffnet nicht nur werbeträchtig Verbindungen zum englischen Bookshop, auch ist in der Crellestraße mittlerweile ein komplettes Regal für fremdsprachige Literatur reserviert.

Donohoes spürbare Verbundenheit mit Verschenk-Einrichtungen wie dem Medienpoint liegt auch an seiner Einstellung zur Wieder- und Weiterverwertung von Konsumgütern. Als Befürworter der englischen „dumpster-diving“-Bewegung, die Weggeworfenes nach Brauchbarem durchsucht, bringt Donohoe den Medienpoint Crellestraße schon mal in den Genuss von Regalen, Aufstellern oder Lampen, die ihm auf seinen Wegen durch die Berliner Straßen besitzerlos begegnen. Bereichert wird auch, wer einfallsreiche und übersichtliche Listen braucht, denn in Sachen Qualitätsmanagement hat Donohoe diverse Schulungen genossen und die Mediendesign-Weiterbildung tut auch hier ein übriges.

Als Timothy Donohoe 1994 nach Berlin kam, sahen seine Ideen vom Leben hier ganz anders aus. Vor allem wollte er dem heißen New York ins kühlere Zentraleuropa entfliehen. Mit einem Extrem-Sommer bei 27 Grad Nachttemperatur, in dem die Berliner schließlich aufgerufen wurden, durch persönlichen Gießeinsatz die vertrocknenden Bäume zu retten, hatte er sicher nicht gerechnet. Auch die chaotischen Zustände seiner ersten Unterkunft in einem Besetzerhaus gestalteten den Start etwas mühsam. Was ihn hielt? Vielleicht eine wundersame Eingebung des zukünftigen Vaterdaseins. Die zweijährige Tochter Oona hat mit Neil gerade ganz frisch brüderliche Unterstützung bekommen. Herzlichen Glückwunsch!

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