„...denn alleine schafft man das nicht“

Karl Forster

„Während wir ein Theaterstück erarbeiten, fühle ich mich wie eine Alpinistin. Wenn wir dann endlich auf der Bühne stehen, fühle ich mich bereits auf dem Gipfel“, so kommentiert Natalija Sudnikovic ihre Theaterarbeit bei T+T (Ensemble Theater und Tanz) gerne. Doch nicht nur dem Theater gilt ihr Engagement. Gleichermaßen möchte sie über die Musik „dem deutschen Publikum die russische Kultur, die russische Seele näher bringen“.

Natalija Sudnikovic, russischer Nationalität, in Kasachstan geboren und aufgewachsen, kam 1996 nach Berlin. Da war sie schon fünf Jahre verheiratet, hatte zwei Töchter (weitere zwei kamen später in Berlin dazu) und arbeitete als Lehrerin, wo sie an der Schule schon eine Theatergruppe leitete. Deutsch sprach sie damals noch nicht. Die junge Familie kam nach Deutschland mit der Schwiegermutter, einer ehemaligen Wolgadeutschen. Für Natalija Sudnikovic stand fest, sie will auch in der neuen Heimat wieder mit Kindern arbeiten. Und so entstand 1999 ein Tanz-Theaterprojekt, das sie zum Kulturring brachte. Heute gehören auch Jugendliche aller Altersstufen und Erwachsene zu dem Ensemble.

Im Jahr 2003 erhielt Frau Sudnikovic das Angebot des Kulturrings in Berlin e.V., als künstlerische Leiterin des Berliner Tschechow-Theaters (BTT) tätig zu werden. Das gab auch ihrer Arbeit mit dem Tanztheater-Ensemble neue Impulse. Neben Volkstänzen widmete es sich auch alten russischen Märchen und modernen Adaptionen klassischer Stücke.

Zum Repertoire zählen mehr als 30 verschiedene Programme. Darunter finden sich Tanzeinlagen, die von einigen Gruppen des Ensembles (Junioren, mittleres Alter, Senioren) aufgeführt werden. Für Natalija Sudnikovic ist jedoch vor allem auch die Ausbildungsarbeit wichtig. So gibt es heute Übungsgruppen für die Kleinsten ab 3 Jahren, Kinder ab 10 Jahren, Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene. Die Teilnehmer sind zum großen Teil wie die Ausbilder russischsprachig.

Als Haus für die Kurse wie für Auftritte hat sich das zum einen das Kulturforum Hellersdorf etabliert. Sudnikovic: „Unsere Gruppen werden immer größer, und deshalb brauchen wir diese große Bühne.“ Aber auch im BTT treten sie auf. Und gerne auch außerhalb des Stadtbezirks. Ein großer Wunsch ist es, einmal mit einem Stück eine Gastspielreise zu unternehmen. Da wäre es natürlich naheliegend, nach Russland zu reisen. Doch ebenso wie die Eltern der Kinder und Jugendlichen hat auch Frau Sudnikovic selbst Bedenken, bei den derzeitigen Verhältnissen mit Kindern nach Russland zu reisen. Aber einmal durch verschiedene Städte Deutschlands zu fahren und zu zeigen, was man kann, das ist schon ein großer Wunsch.

Doch erst einmal steht ein Theaterfestival an. Die Konzeption steht, nur die Finanzierung ist noch offen. Dabei sollen verschiedene Schultheatergruppen in Hellersdorf auftreten. Eine erste Zusammenarbeit wird konkret vorbereitet: Eine deutschsprachige Gruppe und die russischsprachige Gruppe von T+T wollen das gleiche Stück nacheinander aufführen. Natürlich mit unterschiedlichen Regisseuren. So dass die Adaption eines Tschechow-Stückes trotz gleichen Inhaltes verschiedene Interpretationen erlaubt. Und, so Sudnikovic: „Das wird auch für diejenigen interessant, die sich mit der Sprache beschäftigen“.

Problemlos ist die Arbeit nicht. Da ist es beispielsweise manchmal schwierig, Jugendliche dazu zu bewegen, sich die prächtigen, farbenfrohen Kostüme anzuziehen, die in der Kostümwerkstatt des Kulturrings selbst angefertigt werden. Aber es gelingt ihr doch immer wieder, alle Beteiligten zu begeistern. Und Natalija Sudnikovic weiss, dass sie nicht alleine ist. „Wir arbeiten seit fast 10 Jahren in einem Frauenkollektiv. Ein Team, in dem gilt: Alle helfen allen. Denn alleine schafft man das nicht“.

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