„20 Jahre Werkstatt Künstlerische Lithographie“

Dr. Reinhardt Gutsche

Neue Ausstellung in der Kulturbundgalerie Treptow

Auf der ständigen Suche, den permanent klammen Berliner Haushalt von scheinbar überflüssigen Ausgaben zu entlasten, stieß die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen vor mehr als zehn Jahren auf eine Einrichtung, die in Berlin Seltenheitswert hat: die Künstlerische Druckwerkstatt in der Treptower Defreggerstraße, eher als Lithowerkstatt bekannt. Ob denn der Bezirk eine eigene Druckerei brauche, hieß es argwöhnisch in einer Anfrage an den damaligen Stadtrat für Kultur von Treptow. Zu jener Zeit war diese Lithowerkstatt noch eine kulturpädagogische Einrichtung des Kulturamtes. Sie war noch in den letzten Jahren des Alten Regimes mit dem Ziel gegründet worden, überwiegend jungen Künstlern einen für sie kostengünstigen Zugang zu den klassischen Drucktechniken zu ermöglichen sowie gediegene künstlerisch-ästhetische Ausbildungsmöglichkeiten anzubieten.

Im Laufe ihres Bestehens hatte sie sich einen hervorragenden Platz im kulturellen Leben des Bezirkes Treptow und weit über die Bezirks- und Landesgrenzen hinaus ein hohes Ansehen erworben. Der Finanzverwaltung musste in der Antwort also erstmal klargestellt werden, dass es sich hierbei um keine kommerzielle Druckerei zur Produktion von Drucksachen u. ä. handelt, sondern um eine kommunale Kultureinrichtung, deren Aufgaben voll dem damaligen Verständnis vom kommunalpolitischen Kulturauftrag eines bezirklichen Kulturamtes entsprachen, wie z.B. Pflege klassischer Drucktechniken als künstlerische Ausdrucksmittel wie Lithographie, Radierung und Hochdruck;

- differenziertes Angebot kunstpädagogischer Kurse (Einführungskurse in Lithographie, Förderkurse für Studienbewerber, Mal- und Zeichenkurse für Kinder und Jugendliche)

- öffentliche Präsentation überwiegend druckgrafischer Arbeiten in wechselnden Ausstellungen in der angeschlossenen Galerie;

- Konservierung der Sammlung von Künstlerdrucken, die in der Werkstatt entstanden sind;

- Werkstattarbeit und Unterstützung der Artothek des Bezirks mit graphischer Kunst;

- Bereitstellung von Arbeits- und Ausstellungsräumen sowie künstlerischer Arbeitsmittel und Material zur Nutzung an selbtständig arbeitende Künstler und Laien;

- Vortrags- und Demonstrationsveranstaltungen über die Geschichte der Druckkunst sowie zum Thema Computer-Kunst;

- Pflege internationaler kultureller Zusammenarbeit durch Kooperatiopnsprojekte mit ausländischen Künstlern und Werkstätten ähnlichen Profils.

Im Zuge der Berliner Praxis, kommunale Kultureinrichtungen in freie Trägerschaft zu überführen, wurde auch die Werkstatt für Künstlerische Lithographie aus dem Bestand der bezirklichen Kultureinrichtungen Treptows ausgegliedert. Seither arbeitet sie unter vereinsrechtlichem Dach, und dies mit ungebrochenem Erfolg und steigendem Interesse an den Kreativkursen, Druckvorführungen und den anderen Aktivitäten. Neben dem engagierten Einsatz der beiden Werkstattleiter Martin Lotz und Henry Ruck ist dies ist nicht zuletzt der technischen Ausstattung zu verdanken, zu der zwei historische Steindruckpressen der Firmen Sutter und Teichert, eine hydraulische Steindruckpresse und eine auch für den Hochdruck ausgelegte Karlsruher Radierpresse gehören. Bisher haben etwa 200 Künstlerinnen und Künstler aus 14 Ländern in der Werkstatt gearbeitet, zu deren Partnern auch die Grafische Werkstatt im Traklhaus in Salzburg (Österreich) und die Radier- und Lithographiewerkstatt Haldenstein (Schweiz) gehören.

Einige von ihnen stellten nun neuere Druckgrafiken in der Kulturbundgalerie Treptow in einer Gemeinschaftsausstellung vor, die aus Anlass des 20-jährigen Bestehens der Lithowerkstatt ausgerichtet wurde und deren Vernissage am 6. Dezember sich wieder zu einem Glanzpunkt in der (viel zu kleinen) Kulturbundgalerie gestaltete.

Damit wurde eine langjährige Partnerschaft zwischen den beiden Treptower Kultureinrichtungen fortgesetzt. Der Andrang war groß, unter den Gästen der Botschafter des Fürstentums Liechtensteins, Prinz Stefan von und zu Liechtenstein, die Bezirksbürgermeisterin und Stadträtin für Kultur Gabriele Schöttler sowie Doris Thyrolph, Kulturamtsleiterin und zahlreiche Künstlerinnen und Künstler, Sponsoren und Freunde.

Martin Lotz, selbst ein gestandener Grafiker, bot zur Eröffnung einen spannenden Einblick in die Geschichte der Druckkunst und erläuterte fachkundig den Unterschied von Kreide- und Tuschlithographie oder von Schab-, Stein- und Fotolithographie.

Diese Ausstellung bildet den Auftakt für die öffentliche Präsentation der Edition „20 Jahre Werkstatt Künstlerische Lithographie“ und soll nachfolgend in Chur, Innsbruck, Wien, Salzburg, Hongkong und Singapur gezeigt werden.

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