Ein offenes Haus

Monika Niendorf

Es ist wieder einmal Dienstag. Und am Dienstag Abend habe ich immer etwas Besonderes vor: Es ist mein Kulturtag in unserem Kiez. In der Ernststraße in Baumschulenweg beim Kulturring in Berlin e.V. ist an jedem Dienstag ein Höhepunkt für Mitglieder und Gäste aus Nah und Fern vorbereitet. Die meisten Besucher kommen regelmäßig, auch aus anderen Stadtbezirken. Und man muss nicht etwa Mitglied im Kulturring sein, um an den Veranstaltungen teilzunehmen.

Durch das monatliche Programm kann sich jeder Mann und jede Frau eingeladen fühlen. Als ich zum Beispiel vor etwa zehn Jahren in den Ruhestand getreten bin, habe ich mich bald in meinem Wohngebiet in Baumschulenweg nach einer kulturellen Möglichkeit im Kiez umgesehen und diese beim Kulturbund Treptow, damals noch in der Eschenbachstrasse 1, gefunden. Schon vor zehn Jahren hat Helga Uhlenhut regelmäßig zu ihren Ortsspaziergängen durch Baumschulenweg eingeladen. Damals traf man sich noch alle vier Wochen zu einer interessanten Begegnung zwischen Späthsfelde und Plänterwald, um Interessantes, Altes und Neues aus unserem Kiez zu erfahren. Da fühlte ich mich hingezogen und habe viel Wissenswertes aus meiner unmittelbaren Heimat entdeckt. Auch das monatliche Programm und die verschiedensten Ausstellungen in der Kulturbundgalerie Treptow haben mir gefallen, so dass ich Mitglied des Kulturrings wurde.

Der Kulturbund Treptow ist für mich wie ein Zuhause. Man kennt die meisten Besucher, wird oft schon an der Treppe von Reno Döring, Projektbereichsleiter des Kulturrings, begrüßt, erfährt, wer wann in den Urlaub geht und vermisst auch den einen oder anderen, wenn er mal längere Zeit zu den Veranstaltungen nicht erscheint, weil er krank ist. Wie eben in einer richtigen Familie. Man findet auch immer Gesprächspartner, um über den neuesten Film oder das letzte gelesene Buch zu diskutieren oder sich gegenseitig auf andere kulturelle Höhepunkte im Stadtbezirk, wie im Ratz-Fatz oder im Bürgerhaus Grünau aufmerksam zu machen. Manchmal geht man auch dort gemeinsam hin.

Bevor der Treptower Kulturbund 1999 mit „Kultur pur“ in sein neues Domizil in der Ernststraße 14-16 einziehen konnte, waren hier zunächst dringende Sanierungsarbeiten von Nöten. Die Ernststraße hatte als Ort der Kultur in Treptow Tradition. Der Kulturbund hatte nämlich schon einmal in der Ernststraße 3 - bis zum Jahre 1988 - seinen Sitz. Am 11. September 1999 konnte das neue alte Haus feierlich eröffnet werden. Und es gab ein richtig schönes Gartenfest in dem ebenfalls neu gestalteten Garten. Seit diesem Neubeginn 1999 freuen wir uns jedes Jahr auf ein schönes Sommerfest in diesem Garten, bei dem immer viele Gäste aus der Umgebung mitfeiern. In jedem Jahr hat dieses Fest einen anderen Kulturkreis zum Thema: Einmal war es Griechenland mit seiner Musik und Folklore und den dazugehörigen Speisen und Getränken, dann war es Indien gemeinsam mit dem ISA e.V., den faszinierenden indischen Tänzen, den Sitarrythmen, Curryhuhn und Reis, 2006 hat uns Afrika mit Musik, Gesang, Handarbeiten und vor allem mit der afrikanischen Sängerin MFA KERA und einer afrikanischen Rappergruppe aus Tempelhof begeistert. Und im Sommer 2007 erklangen heiße brasilianische Rhythmen.

Immer gibt es auch interessante Ausstellungen im Haus: Fotoausstellungen, Werkpräsentationen von Künstlern aus Treptow-Köpenick oder auch internationalen Gästen. Immer wieder habe ich über die verschiedensten Ideen und Motive des Malers Horst Bartnig gestaunt, wenn ich zu einem Konzert, einer Lesung über die Berliner Literarischen Salons des 19. Jahrhunderts und des heutigen Berlins von Cornelia Saxe, einem DIA-Vortrag über eine Reise nach Neuseeland von Ursula Gapski oder eine szenische Lesung über das Leben der mexikanischen Malerin Frida Kahlo hier in die Ernststraße gekommen bin. Und das war nur eine ganz kleine Auswahl aus dem umfangreichen Veranstaltungsprogramm. Ich kann nur immer wieder sagen: „Jeder Abend war schön.“

Ja, das ist doch der Sinn von Kiezkultur, so sehen es alle von uns. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle auch einmal ein Dankeschön an das Kulturamt des Stadtbezirkes Treptow-Köpenick und dessen Leiterin, Frau Thyrolph, sagen, die einige Veranstaltungen und Ausstellungen der ortsansässigen Künstler unterstützt und auch zu verschiedenen Abenden immer mal selbst vorbeikommt.

Durch Lesungen z.B. dem „Salon im Grünen“ haben wir seit 2001 schon mehr als 38 Berliner Autorinnen und Autoren sowie internationale Dichter und Schriftsteller kennengelernt. Und neben Konzerten, Lesungen, Ausstellungen und Vorträgen mit lokalen, nationalen und internationalen Künstlern, Filmvorführungen und Ausstellungen halten verschiedene Interessengemeinschaften in der Ernstraße ihre Treffen ab.

Zu den schon lang existierenden Interessengemeinschaften des Kulturbundes Treptow zählen der Colorclub Berlin-Treptow, der Science Fiction-Club andymon, der Freundeskreis Rosen Spree-Athen, der Freundeskreis Paläontologie und „PIN-AG“. Zu erwähnen wäre auch die im Haus ansässige Ortschronik über den Ortsteil Baumschulenweg, die über Jahre schon von Helga Uhlenhut und weiteren heimatgeschichtlich Interessierten betreut und ständig ergänzt wird. Und wer diese Arbeit hinter den Kulissen kennenlernen möchte, hat dazu an einem Tag der offenen Tür die Möglichkeit. Das Haus ist übrigens in der Woche für die Ausstellungen und Auskünfte von 10.00-16.30 Uhr, dienstags bis 18.30 Uhr geöffnet.

Dem Projektleiter Reno Döring möchte ich an dieser Stelle ein ganz persönliches Dankeschön sagen für seine jahrelangen Ideen und Bemühungen mit Projekten und Veranstaltungen, die dazu beitrugen, dass wir Gäste und Mitglieder des Kulturbundes Treptow in der Ernststraße eine kulturelle Heimstätte gefunden haben und hoffentlich noch sehr lange zusammen haben werden.

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