Qualitätsnormen in der Kulturarbeit

Ingo Knechtel

Für manch einen ist dies ein Widerspruch. Kulturarbeit erfordert Kreativität. Lässt sich das mit der Einhaltung bestimmter Normen verbinden? Lassen sich Qualitätsstandards in der Kulturarbeit überhaupt einführen und durchhalten? Der Kulturring hat sich vorgenommen, dies für seine Arbeit zu versuchen. Dazu musste er sich selbst zuerst über die Abläufe seiner Arbeit, über die Prozesse klar werden. Die Einführung eines Systems des Qualitätsmanagements lässt sich nicht über Nacht umsetzen, sie erfordert eine gründliche Analyse der eigenen Arbeit – und als Konsequenz die Bereitschaft, vieles davon neu zu organisieren, kurz: fast alles auf den Kopf zu stellen. Anfangs stellte sich das Leitungsteam die Frage: Lohnt sich das überhaupt? Wird die Fähigkeit, kreativ zu arbeiten, auch zu improvisieren, nunmehr in ein Korsett gepresst, das nur schwer Luft holen lässt und erfolgreiche Arbeit vielleicht sogar gefährdet?

Um es vorwegzunehmen: Die meisten Zweifel wurden inzwischen zerstreut. Denn auch hier ist die wichtigste Frage die des „Wie“. Wie erfüllt man ein solches System mit Leben? Unterwirft man sich seinem Diktat oder setzt man es produktiv als ein Instrument ein, um bessere Arbeitsergebnisse zu erzielen und so den Erwartungen der „Kunden“ und der Besucher der Veranstaltungen und Teilnehmer der Kurse zielgenauer zu entsprechen?

Dem Leitungsteam des Kulturrings wurde anfangs klar, welches die drei Kernbereiche seiner Arbeit sind, für die die Einführung von Qualitätsstandards sinnvoll ist: die Organisation und Durchführung von Beschäftigungsmaßnahmen auf dem zweiten Arbeitsmarkt mit sozialem und kulturellem Bezug, die Organisation und Durchführung von Kursen und Schulungen im Rahmen seines Bildungswerks sowie die Erbringung von kulturellen Dienstleistungen, wozu natürlich u.a. kulturelle Veranstaltungen zählen.

Für diese Aufgaben galt es, die Abläufe so festzulegen und zu definieren, dass alle Prozesse nachvollziehbar, gesetzeskonform und den Erwartungen und Vorstellungen der Kunden, d.h. der Auftraggeber und der Teilnehmer, entsprechend realisiert werden. Es entstand ein Qualitätsmanagement-Handbuch und ein System von Verfahrensanweisungen, Ordnungen, Arbeitsanweisungen, Formblättern u.a., mit dessen Hilfe bestimmte Abläufe systemkonform und von allen Mitarbeitern nachvollziehbar organisiert sind. Letztlich ist dies bei der Vielfalt der zu erledigenden Aufgaben eine Hilfe für alle Mitarbeiter, besonders wenn sie sich in ein unbekanntes Arbeitsgebiet einarbeiten oder die Vertretung für bestimmte Arbeiten ausüben.

Das Ganze macht also nur Sinn, das spürt man hier schon, wenn es von allen Mitarbeitern angenommen und umgesetzt wird. Dazu hat es schon intensive Schulungen und Einweisungen gegeben, die auch noch in den nächsten Monaten fortgesetzt werden.

Doch die wichtigste Hürde hat der Kulturring geschafft: In einem Zertifizierungsaudit im Sommer bestätigte ihm der TÜV Rheinland, dass er erfolgreich das QM-System eingeführt hat und in den drei Kernbereichen in all seinen Einrichtungen und Geschäftsstellen nach der Norm DIN EN ISO 9001:2000 arbeitet. Im September nunmehr gab es die offizielle Übergabe der Urkunden durch den TÜV – ein Anlass, zu dem Kooperationspartner und Freunde des Vereins in die Fotogalerie Friedrichshain gekommen waren. Der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Dr. Franz Schulz, gratulierte herzlich und erinnerte an eigene Erfahrungen mit Qualitätsstandards. Es dankte dem Verein für sein großes Engagement im Bezirk, vor allem mit den zahlreichen sozialen und kulturellen Projekten. Gleiches wurde durch die Vorsitzende des Kulturbeirats in Marzahn-Hellersdorf, Barbara Kellerbauer, zugleich Präsidentin des Kulturbunds e.V., für „ihren“ Bezirk und die Kulturarbeit generell zum Ausdruck gebracht. Natürlich sind mit all dem Erwartungen verbunden, Erwartungen an eine Fortsetzung der bisherigen guten Arbeit, aber auch an eine Verbesserung – denn wozu hat sich der Verein sonst das Ziel gestellt, seine Abläufe normgerecht zu organisieren. Letztlich sollen alle spüren, dass sich etwas verändert, verbessert hat. Und er wird sich dabei auch der weiteren Prüfungen stellen. Dazu wird es regelmäßige interne Audits und Befragungen der Teilnehmer an Beschäftigungsmaßnahmen und Schulungen geben, und auch der TÜV wird jährlich die Arbeit des Kulturrings überprüfen. Das Wort „Qualitätsziele“ wird sich immer stärker bei allen Beteiligten einprägen und ihre Umsetzung – so hofft der Verein – das verliehene Qualitätssiegel rechtfertigen.

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