Guter Rat ist gefragt

Dr. Gerhard Schewe

Wer in unserer Gesellschaft mit Karrieren zu locken vermag, die Geld, Einfluss und Ansehen versprechen, braucht sich um mangelnden Zulauf auch junger Menschen wenig zu sorgen; die Politischen Parteien unterhalten hierfür sogar eigene Jugendorganisationen. Wer „nur“ die „Mühen der Ebene“ anbieten kann, ein Ehrenamt, vielleicht eine prekäre Stelle, hat es in der Hinsicht schwerer. Landab, landauf dieselben Klagen: Es fehlt an Nachwuchs. Vereine kränkeln, notwendige personelle Neubesetzungen müssen unterbleiben, die Überalterung wird zum Problem. Selbst Sportvereine oder freiwillige Feuerwehren – einst Domänen der jungen Generation – leiden an Mitgliederschwund. Dies ist ein Problem, das durch „Aussitzen“ am allerwenigsten aus der Welt geschafft werden kann. Handeln tut not, und guter Rat ist gefragt, auch und nicht zuletzt in den Gruppen und Landesverbänden des Kulturbunds. Dankenwerterweise hat dessen Präsidium nun die Initiative ergriffen und zu einem ersten Gedankenaustausch geladen, über ein Thema, das mit „Junge Leute im Kulturbund" zwar annähernd beschrieben war, dessen Problematik sich aber erst noch offenbaren sollte.

Mit Ausnahme von Sachsen waren alle Landesverbände vertreten, zumeist freilich durch schon recht bejahrte Kulturbundstreiter. Berlin machte da mit unserem Vorstandsmitglied Ylva Queisser und der Einsatzkoordinatorin Astrid Lehmann die berühmte Ausnahme von der Regel. Beide sind, um das vorwegzunehmen, durch die Mitarbeit an einem Projekt bzw. auf der Suche nach einem Träger für eine eigene Projektidee zum Kulturring gekommen, haben sich dort offenbar gut aufgenommen gefühlt und tragen heute selber Verantwortung für den Verein. Ein Königsweg? Zumindest ein gangbarer: langfristige Bindungen nicht durch Werbung oder Überzeugungsarbeit, das bringt meistens nichts, sondern durch Freude am Mitgestalten, am Mitmachen aus freiem Willen. Auch Kinder und Jugendliche, so Erfahrungen aus der Thüringer Naturschutzarbeit, lassen sich von ihrer Tätigkeit so begeistern, dass sie unter Umständen für eine Mitgliedschaft oder eine Funktion gewonnen werden können. Derartige Effekte sind durchaus auch auf anderen Gebieten vorstellbar: der Denkmalpflege im Heimatort zum Beispiel oder zum brisanten Thema des Klimaschutzes: wer wollte nicht dazu beitragen, die Welt zu retten? Bedenkenswert ist in dem Zusammenhang der Vorschlag, den Andreas Jakob, Kulturbundvorsitzender in Strausberg (Brandenburg), aus der eigenen Praxis heraus unterbreitete: nämlich etwa für Schüler Mitgliedschaften anzubieten, die entweder bis zum Abitur oder dem Abschluss eines Projekts befristet sind. Eine solche Mitgliedschaft auf Zeit würde nicht als lästige Pflicht empfunden werden und könnte bei dem einen oder anderen doch Interesse an einer dauerhaften Bindung wecken. Im Normalfall wird sich die personelle Erneuerung der Gruppen und Verbände indessen wohl nicht über diese Schiene vollziehen. Hauptzielgruppe der Mitgliedergewinnung, hierüber herrschte Einvernehmen, sind interessierte „junge Erwachsene“. Sie an uns zu binden, setzt voraus, ihren Ideen, Wünschen, Fähigkeiten einen angemessenen Betätigungsraum zu geben, in dem sie sich entfalten und bewähren können. Sicher leichter gesagt als getan, aber anders wird es kaum funktionieren.

Zurück zum Thema „Jugendarbeit im Kulturbund“. Man meint zuweilen, hier dominiert alles, was mit Computern, DVD- und Video- sowie Tontechnik zu tun hat. Dem steht aber etwa das Schweriner Beispiel einer vom Kulturbund Mecklenburg-Vorpommern betriebenen Jugend-Akademie gegenüber, die hochkarätige Wissensveranstaltungen anbietet und ihren Nutzerkreis gefunden hat. Das Feld ist weit, und in Strausberg spüren Gymnasiasten sogar den historischen Spuren der Tempelritter nach, freilich mit der Videokamera im Gepäck. Im Berliner Kulturbund spielen junge Leute Theater, komponieren Musik und schreiben die Texte dazu; sie feiern Erfolge für sich und ihr Publikum und engagieren sich beim 12. Deutschen Präventionstag in Wiesbaden. Beispielhaft sind dies Betätigungsräume für neue (und selbstverständlich auch ältere) Mitglieder. Wir fragen jeden, der zu uns kommt, nach seinen besonderen Interessen. Aber wir nutzen diese Interessen noch nicht gezielt aus, um entsprechende Angebote zu unterbreiten, Partner hierfür zu suchen. Schulen könnten solche Partner sein, Lehrer. Wichtig der Hinweis, sich darüber zu Informieren, welche Möglichkeiten die Schulgesetze der einzelnen Länder für Kooperationen im außerschulischen Bereich eröffnen, wobei insbesondere an bestehende oder kommende Ganztagsschulen zu denken wäre. Phantasie ist also angesagt, Gedankenkühnheit, nüchterner Realitätssinn aber natürlich auch. Die Teilnehmer waren zufrieden, der Bundesgeschäftsführer war es auch, und es ist zu den Thema bestimmt noch nicht das letzte Wort gesprochen.

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