Zwischen Daumenschälchen, Glücksteinen und Rechenmäusen

Annemarie Kuhn

Dem Regenwetter ein Schnippchen geschlagen

Noch in der Nacht stand das Wasser zentimeterhoch in den Pfützen. Absagen oder dem Wetterbericht vertrauen, war am Sonntagmorgen die bange Frage – strahlender Sonnenschein gab die gewünschte Antwort. Über 28 Künstler, Kunsthandwerker und Laien verwandelten am 13. Mai das Gelände am Studio Bildende Kunst in einen Jahrmarkt der besonderen Art.

Mit Daumenschälchen und diverser Töpferkunst, Glücksteinen und Gliederpuppen lockte Silke Bernd viele Neugierige und Kauflustige an ihren Stand. Der Name Daumenschälchen wird durch die individuelle unregelmäßige Formgebung bestimmt. Die Schälchen werden nur mit dem Daumen hochgezogen bzw. geformt. Die gewählten Farben, vorwiegend zarte Blau- und Grüntöne, zaubern aus jeder Form ein Unikat. Die Idee für ihre Gliederpuppen holt sich Silke Bernd aus der Geschichte. Puppen waren vor allem beim Tod von Kindern als liebevolle Grabbeigabe in der Antike üblich.

Hans-Jürgen Bischoff und Hartmut Kretschmer sind befreundete Maler und Grafiker aus Lichtenberg. Sie arbeiten zum ersten Mal mit dem Studio für Bildende Kunst zusammen. Kretschmers Werke wurden erst im Mai in der Galerie im Berliner Fernsehturm gezeigt, in einer Gemeinschaftsausstellung „Ansichten“, u. a mit Christian Behring. Auf der ersten „Kunst & Kitsch“ präsentierte Kretschmer seine Landschaftsbilder und -aquarelle, bekannt als „Bilder aus der Streusandbüchse“. Hans-Jürgen Bischoff zeigte Bilder aus der Mark Brandenburg und von der Ostsee. Vor seinen Bildern bleibt man still stehen, glaubt die Ostseeluft zu spüren oder die Ruhe der Mark. Begeistert und gleichzeitig bescheiden beschreibt er das Gelb der Rapsfelder auf seinen Bildern. „Dieses Gelb ist so besonders, so einmalig…, eigentlich kaum zu malen“.

Christian Behring ist in Berlin nur selten auf Kunstmärkten zu finden. Er wählt ganz genau aus, was, bei welchem Veranstalter und zu welchem Anlass er ausstellt. „Jahrmarktstreiben“ mag er eigentlich ganz und gar nicht. Für „Kunst & Kitsch“ hat er dennoch eine kleine Auswahl an Bildern, Postkarten und Plakaten zusammengestellt. Sein Hauptmotiv ist Berlin, das Besondere der Großstadt. Die Jugendkunstschule Lichtenberg präsentierte Malerei, Druckgrafik und Keramik von Kindern und Jugendlichen unter dem Moto „Mach Deine Kunst doch selber…!“. Helga Schönfeld aus Karlshorst zeigte zum ersten Mal ihre Aquarelle von verschiedenen Reisen an die Ostsee und in die Toskana.

Seit zwei Jahren gibt Tatjana Kan Unterricht im Studio Bildende Kunst. Auf großformatigen Papieren demonstrierte sie, „... was man mit Farben alles machen kann“, und lud zum Ausprobieren ein. Die Textilwerkstatt von Christina Schröder bietet u. a. Nähkurse für Kinder ab 5 an. „Ich bin zum ersten Mal hier und bin begeistert von der wunderschönen Umgebung und dem Haus.“ Am Stand von Benoit Vanassche („Maus & Saus“) waren die Rechenmäuse und bunte Kreidemaltafeln zu bewundern. Zusammen mit Pädagogen entwickelte Vanassche die spitznasigen blauen Mäuse. Sie erleichtern den jüngsten Schulkindern das Rechnen und Zählen auf spielerische Weise. Straßenmusik auf der Geige, gespielt von Maria Zinner (56) mit Tochter Luise (13), war ein weiteres Highlight. Maria spielt bereits seit über 35 Jahren und Luise seit etwa 8 Jahren Geige. Die Zinnerfrauen spielen sehr gern auf Festen und am liebsten jazzige oder orientalische Musik. Die Frage „Kunst & Kitsch“ stellte sich für die kleinsten Besucher überhaupt nicht. Luise (3) und Ella (8) waren die eifrigsten Besucher am Schminktisch von Bärbel Ambrus. Diese ist Grafikerin im Studio Bildende Kunst und schminkte kleine Prinzessinnen. Viele nutzten das Bastelangebot vom Kindermusiktheater Zimbel Zambel. Ausschneiden und Ausmalen war angesagt. Mit Rot, Blau und Gelb wurden Gipsfiguren bemalt, Kerzenständer gebastelt und Bilder gemalt. Am beliebtesten war das Bemalen von kleinen Sonnenblumen aus Gips. Ella wird mit ihrer Sonnenblume ihr Gartenbeet schmücken.

Zwischen all dem Schauen fand sich genügend Zeit für kleine Stärkungen bei Gegrilltem und Gebackenem. Auch wenn einige Künstler nicht viel verkauft haben, waren doch der Dialog mit den Besuchern und der Austausch mit Gleichgesinnten für viele eine Bereicherung. Hartmut Kretschmer will auf jeden Fall im nächsten Jahr wiederkommen. Freuen wir uns auf den nächsten Jahrmarkt „Kunst & Kitsch“!

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