Theatrale Begegnung: Täter – potenzielle Opfer

Lutz Wunder

Projektarbeit mit den künstlerischen Mitteln des Theaters hat im Kulturring seit Jahren eine gute Tradition. Die bisher durchgeführten Projekte haben dabei im Verlaufe der Zeit an künstlerischer Qualität gewonnen, und auch das inhaltliche Profil konnte kontinuierlich geschärft werden. Nun knüpft ein jetzt laufendes Projekt „Theatrale Begegnung: Täter – potenzielle Opfer“ an diese vorliegenden Erfahrungen der Theaterarbeit an. Es wird im Berliner Tschechow-Theater des Kulturrings im Marzahner Nordwesten unter der Leitung von Dr. Alena Gawron durchgeführt. Der Stadtteil Marzahn Nordwest ist ein sozialer Brennpunkt mit vielen Problemen, insbesondere auch, was die Lebenssituation von Jugendlichen betrifft. Und an diese Problemsituation knüpft der Inhalt des Projekts an. Ein sehr positiver Ansatz dabei ist auch, dass mit kompetenten Partnern schon im Vorfeld der Projektrealisierung zusammengearbeitet wurde. Da ist der Verkehrsberatungsdienst der Polizeidirektion 6, der offene Vollzug der Jugendvollzugsanstalt Berlin, die Nils-Holgerson-Schule und die Dahlmann-Schule. Ein weiterer positiver Ansatz: die künstlerischen Potenzen des Vereins wurden gut eingesetzt, indem der künstlerische Leiter der Kreuzberger Theatergruppe des Kulturrings „Die Idealisten“, Sven Zankl, für die Regiearbeit in diesem Theaterprojekt gewonnen werden konnte.

Nach einem Casting mit Schülern für die Rollenbesetzung fanden viele Probenstunden statt, in denen mit den beteiligten Schülern die Inszenierung eines Stückes gemeinsam erarbeitet wurde. Nun steht fest: das Stück „Hinter die Linie zurück“ wird am 25. März, um 15 Uhr im Berliner Tschechow-Theater Premiere haben.

Um was geht es darin? Die teilnehmenden Schüler haben gemeinsam mit straffällig gewordenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Täter-potenzielle-Opfer-Situation entwickelt und stellen diese theatralisch dar. Die Beteiligten mit ihren unterschiedlichen Lebenswegen nutzten die Möglichkeit, sich über ihre Probleme, über eigene Biographien und Lebenssituationen, Handlungsalternativen und Konfliktlösungen auszutauschen. Die Erkenntnis, dass auch Menschen, die einmal einer gesellschaftlichen Randgruppe angehörten, ebenso Menschen wie du und ich sind, mit ihren Verdrängungsmechanismen, Ängsten, Projektionen und Schuldzuweisungen, kann vielleicht helfen, Toleranz und gegenseitige Achtung und auch Schritte der gegenseitigen Hilfe zu entwickeln. Im Stück werden auch gruppendynamische Prozesse angestrebt, in denen sich durch die gemeinsame Theaterarbeit die Erkenntnis entwickelt, wie wichtig es ist, dass jeder eine soziale Verantwortung innerhalb einer Gruppe hat und mit seinen eigenen Lebenserfahrungen, Ideen und Kreativität beispielsweise zum Gelingen einer Theaterinszenierung beitragen kann. Im Mittelpunkt des Stückes werden also neben der Förderung des Sozialbewusstsein und der gegenseitigen Akzeptanz beim Einzelnen die Schulung der sozialen Kompetenzen der Teilnehmer im Probenprozess geschult und weiterentwickelt.

Im Prozess der Stückerarbeitung haben die Teilnehmer bisher engagiert und kreativ gearbeitet, und ihr Spaß und ihre Freude werden das Team hoffentlich zu einer sehr interessanten und anregenden Premiere führen.

Das sinnvolle und spannende Projekt wird dankenswerter Weise gefördert durch die Quartiersagentur Marzahn-NordWest, mit Mitteln des Programms Soziale Stadt, an dem sich EU (EFRE), Bund und Land Berlin beteiligen.

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