Ein Herz für die Kunst

Karl Forster

Berlin ist, was Museen und Ausstellungen betrifft, europäische Spitze. Über 150 Museen und weit über 300 Galerien laden zu rund 2500 Ausstellungen jährlich ein. Und das Angebot wird angenommen. Über 11 Millionen Museumsbesucher und über eine Million Galeriebesucher jährlich, das sind Zahlen, die sich sehen lassen können.

Doch für den einzelnen Besucher ist ein solcher Ausstellungsbesuch oft mit Problemen verbunden. Da muss man erst einmal den Überblick behalten, was wann stattfindet und dem eigenen Geschmack oder Interesse entspricht. Dann muss man Karten bekommen. Bei den ganz großen Ausstellungen (MOMA, Goya etc.) ist sowohl der Kartenkauf als auch der Besuch selbst schon mal mit stundenlangen Wartezeiten verbunden. Und schließlich würde man gerne etwas mehr fachkundige Information bekommen. Doch Führungen sind nicht immer vorhanden und nur als Gruppe finanzierbar. Der Ausweg: Man sucht Gleichgesinnte.

In Marzahn-Hellersdorf hat sich auf diese Weise vor sechs Jahren eine Interessengemeinschaft Museen und Ausstellungen gebildet. Gemeinsamer Besuch mit fachkundiger Führung, der Austausch von Meinungen in der Gruppe, das ist die Welt von Claudia Herzer, die seit nunmehr über vier Jahren diese Interessengemeinschaft des Kulturring in Berlin e.V. leitet. Von Hause aus Wirtschaftskauffrau, unter anderem in der Immobilien-Wirtschaft beruflich tätig gewesen, ist sie seit Jahren in sozialen und kulturellen Projekten engagiert. War es anfangs die Arbeit mit Kindern, kam Claudia Herzer beim Kulturring über das Projektmanagement in die Kulturszene. Hier lernte sie die im Jahr 2000 von Annegret von Eime und Lutz Wunder gegründete Gruppe kennen, die vorwiegend für Senioren gemeinsame Museums- und Ausstellungsbesuche organisierte. Seit Claudia Herzer die Koordinierung dieser Veranstaltungen übernommen hat, legt sie Wert darauf, dass nicht einfach ein Angebot gemacht wird, das man dann buchen kann: „Wir sind eine offene Gruppe, die selbst entscheidet, was ins Programm kommt.“

Dreh- und Angelpunkt ist der jeden ersten Montag im Monat stattfindende „Kaffeeklatsch“. Hier wird über die letzten Ausflüge gesprochen und über neue Ideen. Die Teilnehmer selbst schlagen vor, was sie gerne sehen möchten, und letztlich wird demokratisch abgestimmt. Dabei wird das Programm durchaus nicht einseitig. Moderne und Klassik kommen ebenso in das Auswahlangebot wie Industriekultur oder Tagesfahrten zu kulturellen Höhepunkten. Rund 150 „Events“ sind auf diese Weise in den über fünf Jahren des Bestehens der Interessengemeinschaft zusammengekommen.

Der Andrang, so Claudia Herzer, ist riesig. So kommt es schon einmal vor, dass man einen Ausstellungsbesuch in zwei Gruppen durchführen muss, um alle Interessenten mitzubekommen. Zu den Highlights zählten beispielsweise die außergewöhnliche Ausstellung des Museum of Modern Art, aber auch die Goya-Ausstellung, die Führung über Berliner Friedhöfe oder die Picasso-Ausstellung, aber auch kulturelle Ausflüge wie die Dampferfahrt nach Caputh mit Schlossbesichtigung, zum Schiffshebewerk Niederfinow oder die Kunstfahrt nach Dresden.

Claudia Herzer betont auch den sozialen Aspekt der Interessengemeinschaft. Für viele ältere Menschen ist es wesentlich leichter, in der Gemeinschaft derartige Museumsbesuche zu machen. Hier kann das eigene Interesse mit dem anderer verknüpft werden, und so werden gleichzeitig kulturelle und soziale Kontakte geknüpft. Häufig setzen sich die Mitglieder der Gruppe auch direkt nach einem Ausstellungsbesuch noch bei einer Tasse Kaffee oder Tee zusammen, um ihre Eindrücke auszutauschen - eine wichtige Erfahrung, die man alleine nicht hat.

Das ehrenamtliche Engagement von Claudia Herzer richtet sich aber noch auf ein anderes Betätigungsfeld: Sie ist „Qualitäts-Scout“ für öffentliche Verkehrsmittel. Bei ihren vielen Fahrten mit S-Bahn, U-Bahn, Tram und Bus achtet sie seit einem Jahr auf Problempunkte, aber auch auf positive Entwicklungen. Ihre Meldungen werden vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg ausgewertet, um eine höhere Qualität des Nahverkehrs zu erreichen.

Am stärksten liegt ihr jedoch die Interessengemeinschaft Museen und Ausstellungen am Herzen. „Auch wenn wir viele Interessenten haben, wir können weiteren Nachwuchs in unserer Gruppe gebrauchen“. Doch, darauf legt Frau Herzer wert, nicht einfach nur, um bei einem Museumsbesuch mitzukommen. Jeder sollte am Monatstreff teilnehmen. Dort werden die Programme geplant und abgesprochen, dort lernt man sich kennen. Und dann kann man sich entscheiden, an welchen Veranstaltungen man sich beteiligt. Der Termin ist einfach zu behalten: Jeden ersten Montag im Monat um 14 Uhr im Kulturforum Hellersdorf, Carola-Neher-Str. 1.

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