Von Politkultur bis zur Theaterkultur

Uwe Rittner

“Ich finde es gut und wichtig, dass der Kulturring in Berlin die Arbeit des Runden Tisches Pankow dokumentiert hat. Die Geschichte der Runden Tische darf nicht in Vergessenheit geraten.“ Diese Zeilen eines Dankschreibens aus dem Jahre 2003 für die Broschüre „Das Pankower Modell“ vom ehemaligen Ersten Mann im Staate, Johannes Rau, war nicht nur eine Bestätigung der erfolgreichen Projektarbeit für den Kulturring in Berlin e.V., sondern vielmehr Ansporn, mit der Aufarbeitung von Regionalgeschichte im Stadtbezirk Pankow weiter zu machen.

Da war z. B. der „Runde Tisch Weißensee“: Anlässlich des 15. Jahrestages des Rathauses Weißensee wurden im Foyer des Hauses im Dezember 2005 erste Ergebnisse präsentiert. Im Mai 2006 schloss Haiko A. Hübner seine Arbeiten an der Sammlung „Dokumente und Archivalien zum Runden Tisch von Berlin Weißensee“ ab. In Vorbereitung ist z. Zt. eine Sammlung von Zeitzeugeninterviews, die einen sehr emotionalen Zugang zu den damaligen Geschehnissen ermöglicht.

Auch der Pankower Ortsteil Buch hatte seinen Runden Tisch. Seit über hundert Jahren als traditioneller Klinikstandort bekannt, ist Buch auf bestem Wege, zu einem Forschungszentrum modernster Medizin zu werden. Engagierte Bürger organisierten in der Wendezeit 1989/90 den „Runden Tisch Buch“ und einen Runden Tisch direkt im Klinikum. Eine Arbeitsgruppe ist gegenwärtig damit beschäftigt, die Unterlagen zu sichten, die Befragung von Zeitzeugen vorzubereiten sowie die Wirkungen des Runden Tisches Buch bis in die Gegenwart zu erforschen.

Der Kulturring in Berlin e.V. wäre nicht der Kulturring, wenn er sich nur mit der politischen Kultur im Bezirk beschäftigte. Auch die Industriekultur in der Region ist ein Arbeitsthema: „100 Jahre Industriestandort Wilhelmsruh“. Exponate, Bild- und Geschichtsdokumente sowie Zeitzeugenberichte zur Industriegeschichte der ehemaligen Bergmann Electrizitätswerke AG (nach 1945 Kombinat VEB Bergmann-Borsig) werden recherchiert, um das Jubiläum 2007 vorzubereiten.

Die Arbeit am Projekt „Pankower Persönlichkeiten“ ist eine umfangreiche und zeitaufwändige Recherche zur Personengeschichte von 1871 bis in die Gegenwart. National bzw. regional bekannte Persönlichkeiten aus Kultur und Kunst, Politik und Wissenschaft, die ihren Wohnsitz oder wichtige Lebensstationen in Pankow hatten bzw. haben und die in und für Pankow gewirkt haben, sollen am Ende in einer einzigartigen Datenbank für alle Zukunft archiviert werden.

Dazu gehört auch, dass das Gesamtwerk des weltberühmten Pankower Malers Max Lingner archiviert wird. (Lesen Sie dazu auch unseren Artikel auf Seite 2)

An Pankower Bürger und Touristen ist gedacht mit der Sammlung von Daten und Fakten zu historischen und aktuellen Zielorten im Großbezirk. Das Team „Tour Tipps“ und „Kleine Stadtwanderungen“ stimmt seine Themen mit dem Verein „pro Prenzlauer Berg“, Verein für Tourismus und Regionalmarketing Berlin-Pankow, ab.

Wesentlicher Bestandteil der Projektarbeit im Kulturring ist auch in Pankow die Theaterarbeit mit Kindern und Jugendlichen. Die erfolgreichen Inszenierungen „Camille Claudel sur la bordure de route“ und die „Verschwörung des Fiesco zu Genua“ (Friedrich Schiller) des Theaterpädagogen Slawa Meremianov mit Schülern des Camille-Claudel-Gymnasiums in Prenzlauer Berg sind beredtes Beispiel dafür.

Viele Mitarbeiter aus dem Projekt „Kunst- und Kulturnetzwerk“ unterstützen die Kunst- und Kulturarbeit im non-Profit-Bereich des Bezirkes, um Erfahrungen für ihre spätere, in vielen Fällen freiberufliche Tätigkeit zu sammeln.

Nicht zuletzt beschäftigt sich natürlich der Kulturring auch mit sich selbst. Nicht zum Selbstzweck sondern zur Aufarbeitung von Geschichte. „60 Jahre Kulturbund in Deutschland“ waren 2005 Anlass, bei Pankower Bürgern nachzufragen, wer sich noch an die Anfänge des „Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ erinnert, wie Kulturbundarbeit an der Basis gelebt und erlebt wurde. In Gesprächen berichten Zeitzeugen über ihre Erinnerungen und Erfahrungen aus 60 Jahren Engagement im Kulturbund, in Fach- und Interessengemeinschaften des Kreisverbandes Pankow. Ziel der Arbeit ist es, persönliche Erinnerungen der heute teilweise weit über 80jährigen Gesprächspartner als einen wichtigen Aspekt der Zeitgeschichte zu begreifen und zu bewahren.

Eine breite Palette und interessante Aufgaben: Von der Politkultur über die Industriekultur bis hin zur Theaterkultur.

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