Juden zurück nach Deutschland

Barbara Hattinger

Ich habe noch nie so einen provozierenden poetisch gebündelten Text von einer so jungen Autorin gehört. “Was ist Heimat?“, fragt sich Anna Brückner und schreibt ihr Stück „Der Andere des Anderen“ über die Schaffung eines neuen Jerusalem in Deutschland. Anna Brückner stammt selber aus einer jüdischen Familie, ist in Jerusalem aufgewachsen und lebt seit kurzem in Berlin. Ihr Theatertext wirkt zynisch und ironisch. Ein Stück das viele Fragen stellt und Antwort im Nonverbalen sucht.

„Jerusalem ist als realer Ort immer ein Schlachtfeld, nur im imaginären - nur als Idee – ist Jerusalem eine Utopie“, sagt der arbeitslose Architekt Robert (Haymon Buttinger) und entwirft ein zweites digitales Jerusalem. Leila (Susanne Menner), seine Geliebte, findet das nicht so klasse und verlässt ihn. Seine Frau Anna (Nicola Schössler), ist eine Künstlerin , sie interessiert sich mehr für graue Bilder und zelebriert absurde Theorien über Malerei und Kunst. Da ist dann noch die Journalistin Carla (Franka Schuller), die Schwester von Robert, die frisch aus einem Flüchlingslager keinen Artikel hinbekommt, weil sie „zu nah dran war“. Alles tragischkomische Figuren, irgendwie Gescheiterte „im positiven Sinn“. Martin (Richard Henschel) ist der Fremde, der immer wieder auftaucht und immer wieder erschossen wird. Er ist das Fremde, das Sehnsucht und Angst auslöst. Er durchbricht die Struktur des Stückes , so das der Zusammenhalt des Stück ständig auseinander zu brechen droht. Aber zum Schluss ist alles wieder in Ordnung: der Fremde wird zum Essen eingeladen, um endlich endgültig erschossen zu werden. Schluss machen mit dem Fremden, weil das Fremde nur Unsicherheiten bringt, so heißt das Motto des Stückes.

Die Regisseurin Susanne Husemann hat mit Feingefühl für den Text einfache poetische Bilder gefunden. Das Bühnenbild von Tal Shacham betont die Theaterkapelle als Spielort. Die Computerkomposition von Alex Holtsch, eine surreale digital Klangheimat. Ein kurzer überraschender Theaterglücksfall.

Die Inszenierung von Susanne Husemann erfolgte mit Unterstützung des Kulturrings und wurde in der Theaterkapelle Friedrichshain im Juni 06 aufgeführt

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