Hausgeschichte(n)

Isabell Veigel

Zur 111 jährigen Geschichte des Hauses Ernststraße 14 – 16 in Baumschulenweg

In der Ernststraße, die ihren Namen vom Unterförster Ernst, dem ersten Einwohner von Baumschulenweg, erhielt, sitzt seit 1999 – längst kein Geheimtip mehr – der Kulturring in Berlin e.V. und bietet höchst interessante kulturelle Veranstaltungen. Damit wird die schon seit längerer Zeit bestehende kulturelle Tradition des Hauses weitergeführt. Das kulturelle Gemeinwohl lässt sich in der Ernststraße 14 bis ins Jahr 1912 zurück verfolgen. Damals wurden die Einwohner Baumschulenwegs mittels eines Aushängeschildes der hier ansässigen Volksbücherei zur Lektüre literarischer Werke eingeladen.

Doch die Geschichte führt weiter zurück. Sie begann vor 111 Jahren mit dem Bau der Häuser Nr. 14 und 16 im Jahr 1895/96. Die Berliner Baugenossenschaft errichtete zweistöckige Zweifamilienhäuser in Backsteinbauweise, die jeweils mit einem Garten versehen, den Mietern eine kleine Idylle im Vorort Berlins boten. Kaufinteressenten wurden mit dem Angebot gelockt, das Haus bereits nach Bezahlung eines Drittels des Preises zu erwerben. Da danach aber noch eine Hypothek von etwa 10000 Mark auf den Häusern lag, waren finanzielle Schwierigkeiten vorprogrammiert. So musste Nr. 14 zunächst zwangsversteigert werden und gelangte schließlich 1910 in kommunales Eigentum der Gemeinde Treptow.

Die Gemeinde richtete zunächst eine Unfallstation, dann eine Volksbücherei ein. 1916-18, nachdem auch das Nachbarhaus Nr. 16 in Gemeindebesitz übergegangen war, entstand ein Kinderhort, aus dem später ein Jugendheim und in den 60er Jahren ein Jugendklub hervorging.

Zeitzeugen erinnern sich zum Beispiel, dass Kinder im Garten eine Höhle bauten, in den Dreißiger Jahren in Reih und Glied singend um die Straßen marschierten und in der Nachkriegszeit die sog. Schwedenspeisung erhielten. Es gab Diavorträge über Heimat und ferne Länder, man spielte Billard, und in den 60er Jahren traten einige Bands auf. Dieter Birr (späterer Puhdys-Sänger) probte hier mit den Luniks.

Musikalisch ging es auch nach Auflösung des Jugendklubs weiter. 1970/71 zog die Musikschule Treptow ein. Über diese Zeit hat die damalige Direktorin den Autoren des Buches „Hausgeschichte(n)“ vieles erzählt. Für den Umbau zur Musikschule wurden die Türen mit Schallschutz versehen, die heute noch erhalten sind. Diese Baudetails sind in dem Kapitel über die Baugeschichte abgebildet, in dem unter anderem auch die ursprüngliche Fassade mit Staffelgiebel von 1895 zu sehen ist.

Nach monatelangen Recherchen in Archiven und lebhaften Gesprächen mit Zeitzeugen entstand eine vielseitige, informative und reich bebilderte Publikation, die beim Kulturring in Berlin e.V. in der Ernststraße 14-16 oder über die Redaktion der KulturNews zu erwerben ist.

Franziska Meyer – Frank Theves – Isabell Veigel, Hausgeschichte(n), Zwei Häuser und ihre Geschichte in Berlin-Baumschulenweg, hrsg. vom Kulturring in Berlin e.V., Berlin 2006

(erscheint im Juni)

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