Der Herr der Bücher im Medienpoint Pankow

Inge Thormeyer

Die Senefelder/Ecke Hiddenseer Straße in Prenzlauer Berg ist keine bei Touristen angesagte Gegend. Hier ist normaler Kiez, hier leben Alt und Jung, Einheimische und Zugezogene auf unspektakuläre Weise mit- und nebeneinander. Die quirlige Stargarder Straße ist jedoch nur drei Minuten entfernt, und zur Prenzlauer Allee ist es auch nicht weiter.

In der Senefelder Straße 13 hat der Medienpoint des Kulturrings für den Bezirk Pankow sein Domizil. Bücher, CDs, MCs, LPs und Videos werden ebenso gern entgegen genommen wie weiter gegeben. Dienstag und Freitag ist von 10 Uhr bis 18 Uhr geöffnet für all jene, denen Literatur Lebenselixier ist, deren schmaler Geldbeutel den Gang in die Buchhandlung jedoch nicht zulässt.

Drei große Schaufenster geben den Blick frei auf hohe, bis unter die Decke reichende Regale. Hunderte von Büchern fast aller Genres warten, sortiert nach Ländern, Fach- und Sachgebieten, auf neue Leser. Tonträger und Filme bekommt der Medienpoint des Kulturrings in Spandau, weil sie dort mehr gefragt sind.

Herr der Bücher ist seit drei Monaten Stefan Butt, der als Mitglied des Kulturrings ehrenamtlich dafür sorgt, dass die Bücherkarawane funktioniert. Es sind Bücher von Leuten, die wegziehen, aus Nachlässen, Bücher, die aus Platzmangel abgegeben werden müssen. Denn, so viele Spender: „Man mag ja die Bücher nicht einfach wegschmeißen.“ 100 bis 200 Bücher wechseln wöchentlich ihre Besitzer. Besonders gefragt ist zur Zeit fremdsprachige Literatur, vor allem englische, einschließlich Sprachführer und Wörterbücher. Lyrikbände stehen ebenfalls hoch im Kurs. Am liebsten hat es Stefan Butt, wenn Bücher getauscht werden. Aber wer nur schnell mal reinkommt, drei uralte Computerzeitschriften hinlegt und mit fünf prachtvollen Bildbänden grußlos wieder verschwinden will, muss es sich schon gefallen lassen, auf die Möglichkeit einer Spende aufmerksam gemacht zu werden. Es sind durchaus nicht nur Bücher mit lang zurückliegendem Erscheinungsdatum zu haben. Oft werden aktuelle Rezensionsexemplare von Journalisten, Kritikern oder Lektoren aus dem nahen Umfeld vorbeigebracht. Kontakte, die Stefan Butt pflegt und gern noch weiter intensivieren möchte. Ebenso wie die Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Einrichtungen, wie dem „Apabiz“, dem Antifaschistischen Archiv, das an Literatur der Jahre 1933 bis 1945 interessiert ist. Oder „Support“, der Verein zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt, nimmt gern Lebensratgeber und Fachbücher über Psychologie. In Altenheimen freut man sich über Bücher in Großschrift, beliebt sind Krimis und Bildbände. Selbstverständlich legt Stefan Butt für Kunden, deren Vorlieben er kennt, auch Bücher zurück. Den Heimatroman für die Omi ebenso wie das Sachbuch über das Mittelalter für den Geschichtsstudenten. Auch um ein gutes Einvernehmen mit der „Konkurrenz“ kümmert er sich. So kommt es schon vor, dass der Antiquar von nebenan eine Kiste mit Büchern bringt, die nicht in sein Sortiment passen. Geplant ist künftig eine noch engere Zusammenarbeit mit Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen. Denn noch hat es sich nicht genügend herumgesprochen, dass sich im Medienpoint eine umfangreiche und gut sortierte Sammlung von Kinder- und Jugendbüchern befindet. Partner hofft Stefan Butt unter anderem in der Thomas-Mann-Grundschule zu finden. Dort haben drei Lehrerinnen gemeinsam mit SchülerInnen die „Blaue Hand“ entwickelt und gestaltet: Einen Plan, der alle Einrichtungen für Kinder und Jugendliche im umliegenden Kiez verzeichnet. Der Medienpoint hat einen dicken blauen Punkt bekommen.

Medienpoint Pankow des Kulturring in Berlin e.V.

Senefelder Straße 13

10437 Berlin

Verkehrsverbindung: Tram 2,

Haltestelle Fröbelstraße

 

Zitat aus dem Besucherbuch:

„Ich komme in großen Abständen seit Jahren hierher. Dieses Mal habe ich die gute Sortierung genossen. Es ist immer wieder schön hier! Danke und ich bitte um weiteren Erhalt der Institution.

Danke Charlotte“

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