Stolpern – Schauen – Innehalten

Sabine Wang

BFD-Bildungstag in der Stolperstein-Werkstatt

Wie oft sieht man in der Stadt in den Gehweg eingelassene, golden überzogene Steine mit einer Inschrift? Man bleibt stehen und beugt sich herunter, um zu erfahren, was da steht, hält inne, denkt nach... Und genau das ist auch die Bewandtnis dieser Steine. Es ist ein Name zu lesen, ein Geburtsdatum, Deportiert, Ermordet, Flucht in den Tod. Erinnerung an Schicksale. An ein Teil der Geschichte von Krieg und Verfolgung. Der Stein – eine Möglichkeit der Erinnerung.

Aber wo und wie werden diese Steine hergestellt? Wir wollen es genau wissen und machen uns beim Bildungstag unserer Einsatzstelle Medienpoint Pankow auf den Weg nach Französisch-Buchholz in die Wirkungsstätte des Bildhauers Michael Friedrichs-Friedländer. Obwohl seine Zeit knapp bemessen ist, empfängt er uns in seiner kleinen, fast anheimelnden Werkstatt. Viele Werkzeuge, Gussformen, halbfertige und fertige Stolpersteine, große Messingbleche, Metallspäne und immer wieder Steine füllen den Raum. Er erzählt uns, wie seine Tätigkeit und die Zusammenarbeit mit dem Künstler Gunter Demnig, dem „Erfinder“ der Stolpersteine, begonnen hat. Das alles ist 13 Jahre her; mittlerweile haben über 66 000 Steine die Werkstatt verlassen und finden den Weg in viele Städte Europas.

Wenn der Bildhauer den Metallstift auf das Blech setzt und mit dem Hammer wie im Takt darauf schlägt, hat das was von Musik und Meditation. Der Künstler Friedrichs-Friedländer hat sich einen eigenen Stil der Fertigung erarbeitet, damit jeder Stein sein typisches Gesicht erhält. Es sei jedes Mal eine Herausforderung, sagt er, bis jeder Buchstabe sitzt und lesbar ist. Selbst ein Format von fast 40 cm Länge für besondere Aufträge ist für ihn möglich, und es bedarf absoluter Konzentration, damit nichts schief geht. Denn sonst ist der Stein unbrauchbar und muss erneut gefertigt werden.

Man merkt dem Künstler an: Er ist mit ganzer Seele dabei und liebt die Arbeit in seiner kleinen Werkstatt. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht.
Woher die Aufträge kommen, wollen wir wissen. Landesregierungen, Vereine, kulturgeschichtliche Gremien und politische Verbände recherchieren und befinden über die jeweiligen Standorte der Steine. Die Projekte werden unterschiedlich finanziert. „Reich werde ich mit meiner Arbeit nicht“, sagt er lächelnd, „aber es ist eine erfüllende, schöne Aufgabe“.

Vielleicht gehen wir nun mit anderen Augen durch die Stadt mit ihren Stolpersteinen, den Erinnerungen an Menschen und deren Schicksale.

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