Gestern und heute,

Ingo Knechtel

gerade im Monat November denken wir sehr viel an Geschichtliches. Wir erinnern uns an markante Daten, an Ereignisse, die unsere Vorfahren und uns geprägt haben. Oktober-/Novemberrevolution, Ende der Monarchie, Ausrufung der Republik in Deutschland, Hitlers Putschversuch schon 1923, Pogromnacht gegen die jüdischen Mitbürger am 9. November 1938, friedliche Revolution mit Mauerfall in der damaligen DDR. Doch auch das geschah im November: Am 1. November 1512 staunten die Menschen, als Michelangelos inzwischen weltberühmtes Deckenfresko in der Sixtinischen Kapelle in Rom enthüllt wurde. Natürlich wissen wir alle, dass bedeutende geschichtliche Ereignisse und Daten nicht nur dem November vorbehalten waren. Und doch weisen gerade im November auch dieses Jahr wieder viele Veranstaltungen darauf hin, wie wichtig die Erinnerung an Geschichtliches für uns ist. Vielleicht ist es auch genau die richtige Jahreszeit, um sich damit zu beschäftigen. Wer die Zukunft gestalten will, muss die Vergangenheit kennen, so oder so ähnlich haben sich schon verschiedene kluge Köpfe geäußert. Aber es gilt sicher auch: Wer die Zukunft gestalten will, muss die Gegenwart verändern. Und auf diese Weise befinden wir uns in einem ständigen Prozess des Erkennens und Veränderns. Wissbegierig wie wir nun einmal sind, ist es doch geradezu einladend, all die Angebote wahrzunehmen, die uns mit Blick auf die Geschichte schlauer machen. Wussten Sie zum Beispiel, dass es durch die tatkräftige Unterstützung der nichtjüdischen Bevölkerung Dänemarks gelang, dass 1943 nahezu alle jüdischen Bewohner, mehr als 7000 Menschen, mit Fischerkuttern und Ruderbooten vor den Nazis nach Schweden entkommen konnten und dort als Flüchtlinge aufgenommen wurden? Ein neues Album in der Ausstellung „Wir waren Nachbarn“ im Rathaus Schöneberg bringt uns ein solches Schicksal nahe. Im Marzahner Tschechow-Theater wird zum Gedenken an die Pogromnacht der außergewöhnliche Film „Alles ist erleuchtet“ des Autors Elijah Wood gezeigt. Ein junger amerikanische Jude begibt sich auf die Spuren einer Frau, die seinen Großvater 1942 in der Ukraine vor den Nazis gerettet hat. Vielleicht bietet unser Programm für Sie damit auch einige Anregungen, Persönliches aus Ihrer Familie und deren Vergangenheit zu beleuchten, noch lebende Zeitzeugen zu befragen. Gerade heute scheint es mir sehr wichtig zu sein, dass immer mehr Menschen zurückblicken, um sich selbst und ihr Handeln besser zu verstehen und um sich und unser Zusammenleben positiv zu verändern. Oder was denken Sie?

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