Medienpoint-Mitarbeiter im Homeoffice | Lesetipps

Ingo Knechtel

Was tun, fragte sich der Geschäftsführer des Kulturrings angesichts der angeordneten Schließung aller kultureller Einrichtungen wegen des Corona-Notstands. Homeoffice war angesagt, daneben Bildungsprogramme anregen, für die sonst wenig Zeit bleibt. Die Mitarbeiter der Medienpoints des Kulturrings, die zum Teil ihren Bundesfreiwilligendienst leisten, zum Teil im Rahmen von Arbeitsförderprogrammen angestellt sind, hatten kreative Ideen parat. Friederike Büchner vom Medienpoint in der Schöneberger Crellestraße 9 teilt uns mit: „Außenpräsentation und Schaufenstervorbereitung und Literaturinfothek wird geleistet. Es sind immer nur zwei Personen im Laden“. Zum Glück werden in Berlin Bücher wie Lebensmittel behandelt. Und wie es sich zeigt, sind sie das auch. Nicht nur, dass viele Menschen plötzlich Zeit haben und sich an das gute alte Buch erinnern. In dieser für manch einen schwierigen Lebenssituation können Bücher auch Inspiration geben, bei der Krisenbewältigung helfen oder schlicht für Abwechslung vom allgegenwärtigen Corona-Thema sorgen.
Und so gab es die ganz einfache Idee, dass Mitarbeiter sich genug Lesestoff mit nach Hause nehmen, um nach einer Lektüre möglichst fünf Lieblingsbücher für sich zu finden und uns ihre Gründe für diese Wahl wissen zu lassen. Das bildet enorm und hilft, anderen gute Tipps zu geben und auch zu begründen, warum und vielleicht auch für wen die Auswahl reizvoll sein könnte. Mein Buchhändler am S-Bahnhof Kaulsdorf zum Beispiel hat regelmäßig einen klugen Tipp auf Lager, wenn ich im Laden bin. Denn bei all den Recherchen im Netz sollten wir den persönlichen Tipp nicht vergessen. Den kann man nun auch per Telefon und hoffenlich bald wieder in den Medienpoints persönlich im gewohnten Umfang erhalten. Damit Ihnen die Zeit bis dahin nicht zu lang wird, folgen an dieser Stelle einige Lesevorschläge unserer Mitarbeiter, die sich ganz bewusst nicht die ganz aktuellen Bestseller rausgesucht haben. Vielleicht finden sich in Ihren Bücherregalen auch interessante Fundsachen, die noch unentdeckt sind oder die sie aus den Augen verloren hatten.

Ilse Gräfin von Bredow:
Kartoffeln mit Stippe

„Kartoffeln mit Stippe – dieses herzerfrischende, lustige und spannende Buch erzählt in Anekdoten und Episoden die Kindheitsgeschichte der Gräfin Ilse von Bredow. Es erzählt vom Leben einer alten Grafenfamilie in einem höchst ungräflich einfachen Forsthaus in der märkischen Heide. Wir erleben das Auf und Ab der Tage in Haus und Hof, Dorf und Wald. Ilse von Bredow beweist in ihrem ersten Buch ihre wunderbare Fähigkeit, die Geschichten von Menschen, die sie wirklich erlebt haben, in Literatur umzu­setzen.“
„Einen besseren Stoff als die Bredows gibt es in der Mark Brandenburg nicht. Sie sind es, an denen man typisch märkische Tugenden und vielleicht auch kleine märkische Schwächen besser studieren kann als an irgendeiner anderen Familie.“ (Theodor Fontane)

Gefunden im Medienpoint Friedrichshain von Katharina Gericke.


Wilhelm Busch: Gedichte
Herausgeber Friedrich Bohne, 1974

„In Reimen werden mehrfach typische, allzu menschliche charakterliche Schwächen geschildert, die zeit­los anmuten, zum Beispiel Eitelkeit, Neid und Schadenfreude. Deshalb sind und bleiben diese Werke im wesentlichen stets aktuell. Buschs Gedichte begleiten mich schon seit Jahrzehnten durchs Leben. Es ist immer wieder lehrreich und erfrischend, sich diese Gedichte in Abständen zu Gemüte zu führen.“


Das findet Bernhard Pelzl im Medienpoint Pankow, dem außerdem auch das nächste Buch gefiel.

Sprechen Sie Berlinerisch?
Für Berliner und solche, die es noch
werden wollen, 2006

„Das Buch gefällt mir, weil es ergänzend etliche kurze Angaben über Berliner Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler, historische Örtlichkeiten sowie typische Berliner Rezepte enthält, zudem einige Anekdoten. Neues habe ich entdeckt, denn viele Wörter waren mir bis dahin unbekannt, ich habe sie in diesem Buch zum ersten Mal gelesen.“


Andreas Molter nutzte die Zeit und machte im Medienpoint Reinickendorf folgende Entdeckungen für sich und vielleicht auch andere:

Helmut Schmidt: Außer Dienst

„Die aktuelle Situation und mein politisches Interesse gaben den Ausschlag, mich für dieses Buch zu entscheiden. Es gibt Informationen und Hintergründe politischer und wirtschaftlicher Art und stellt sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Ein Muss für den politisch interessierten Leser.“

Und Andreas Molter fand ein zweites Lieblingsbuch:

Arno Geiger:
Der alte König in seinem Exil

„Das Buch beschreibt, wie lebenswert und wundervoll ein Leben mit Alzheimer sein kann, wie unbeschwert Angehörige damit umgehen sollten und können.“

Archiv