In der Welt der Kulturarbeit sind es oft die kleinen Vereine, die das Herzstück bilden. Abseits der großen Bühnen und Institutionen leisten diese engagierten Gruppen einen unschätzbaren Beitrag zur kulturellen Vielfalt und Gemeinschaftsbildung. Darüber hinaus spielen diese Vereine oft eine wichtige Rolle bei der Förderung von lokalen Künstlern und Kulturschaffenden.
Das war im Prinzip auch schon zu DDR-Zeiten so. Nur dass es keine eigenen kleinen Vereine gab, sondern diese Gruppen von engagierten Bürgern und Ehrenamtlichen im Kulturbund zusammengeschlossen waren. Das war nach 1990 plötzlich anders. Eine Reihe von solchen Gruppen und Initiativen machte sich als Verein selbständig, andere lösten sich auf. Doch Aktive des Kulturbundes wollten nicht, dass die Kulturarbeit völlig wegbricht und nur noch die staatlich geförderte „große“ Kultur übrigbleibt. So entstand die Idee, aus den noch aktiven Teilen des Kulturbunds in Berlin einen neuen Kulturverein zu gründen. Schwierigkeiten bei der Eintragung ins Vereinsregister (Berliner Kulturring oder Kulturring Berlin waren dort „nicht gewünscht“) führten letztlich 1994 zu dem Namen „Kulturring in Berlin e.V.“. Aber natürlich wartete man nicht, bis diese Formalien erledigt waren. Schon im Vorfeld begann man die Tätigkeit neu zu strukturieren. Dabei ging man auch auf die neue Situation mit zahlreichen Arbeitslosen ein. „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“ und andere „Arbeitsmarktpolitische Instrumente“ sollten genutzt werden. Und tatsächlich begann in Hellersdorf schon im Januar 1994, noch unter dem alten Namen Kulturbund, das erste Projekt mit 12 Mitarbeitenden. Im Jahr 1990 wurde in Hellersdorf das „Kulturforum“ als bezirkliche Einrichtung eröffnet. Doch bald sah man, dass das Bezirksamt als Träger das Haus gar nicht auslasten konnte. So entstand die Vereinbarung, dass der Kulturring ab 1994 mit seinem Projekt „Forum neue Kultur“ diese Räumlichkeiten mit nutzen konnte und so ein interessantes Angebot schaffte. Dazu gehörte unter anderem das Kinderensemble „Theatro Piccolo“, ein Puppenspieler, eine Seniorengruppe und bald auch die Geschichtswerkstatt. Während dieses ersten Jahres des Projekts erfolgte dann die erfolgreiche Vereinsgründung und es konnte unter dem neuen Namen fortgeführt werden. In der Folgezeit entstanden dann weitere interessante Veranstaltungsreihen, so beispielsweise unter dem Titel „Nachbar Polen“ Informationen über Geschichte, Tourismus und Kulinarik des Nachbarlandes. Häufig mit Gästen, so auch polnischen Parlamentsabgeordneten. Zum zehnten Jahrestag des Runden Tisches trafen sich in diesem Rahmen erstmals Wolfgang Ullmann, Theologe und Politiker und Mitglied des Berliner Runden Tisches und der Begründer des Runden Tisches in Warschau 1989, Ministerpräsident Mieczysław Rakowski.
Im Jahr 2004 übernahm der Kulturring dann die Verwaltung des Kulturforums Hellersdorf. Einer der Höhepunkte war die weit über 15 Jahre aktive Veranstaltungsreihe „Heller Salon“ unter der Leitung von Alina Pätzold-Martirosjan, in dem jeweils die Kultur verschiedener Länder präsentiert wurde, begleitet von kulinarischen Kostproben. Im Kulturforum trafen sich damals auch selbständige Gruppen des Kulturrings, so der Chor Liederquelle oder eine Literatengruppe aus der heraus der Wettbewerb Friedenslesung entstand. 2018 musste die Tätigkeit im Kulturforum eingestellt werden, da dringende Sanierungsarbeiten anstanden.
Neben dem Kulturforum in Hellersdorf entstand in Marzahn das Deutsch-Russische Berliner Tschechow-Theater eigentlich als Verlegenheitslösung. Als das russische Theater „Skaska“ dem Untergang geweiht war, sprang der Kulturring in die Bresche, um die Theaterarbeit mit Kindern und Jugendlichen in dem problembeladenen Stadtteil Marzahn NordWest fortführen zu können. Schnell war auch ein Namenspatron für die Einrichtung gefunden: der zwischen den Kulturen Russlands und Deutschlands wandelnde Schriftsteller Anton Tschechow. Im Juli 2002 wurde das deutsch-russische Tschechow-Theater, kurz BTT, schließlich aus der Taufe gehoben. Kern war ein zweisprachiges Theaterprogramm, sowie künstlerische und kulturelle Veranstaltungen im Theaterbereich beziehungsweise aus dem Umfeld des Theaters. Das BTT ist übrigens auch heute noch ein wichtiger Kulturort im NordWesten des Bezirks. Zeitweilig befand sich auch – nicht weit entfernt vom BTT - die russische Galerie KLIN des Kulturrings.
Neben der reinen Veranstaltungstätigkeit war der Kulturring im Bezirk aber auch bei zahlreichen Festen, bei der Arbeit im Arbeitskreis Freie Träger oder als Initiator von zwei Kulturpolitischen Konferenzen tätig. Heute betreibt der Kulturring im Bezirk auch Einrichtungen für Wohnungsgenossenschaften. So den MAXIE-Treff der WG Wuhletal, den Mietertreff WuhleAnger der Berlin-Brandenburgischen WBG und den Mietertreff der Ersten Marzahner WG.
Aber auch in anderen Stadtbezirken ist der Kulturring aktiv. So beispielsweise in Lichtenberg mit dem Studio Bildende Kunst und dem Kunstraum GISELA, in Friedrichshain mit der Fotogalerie, mit dem Kulturhaus Baumschulenweg oder der Kulturküche Bohnsdorf. Und acht „MedienPoints“ vor allem im Westteil der Stadt, wo einkommensschwache Menschen kostenlos Bücher oder Videos erhalten. All diese Arbeit wird unter anderem mit Mitarbeiter:innen im Bundesfreiwilligendienst geleistet.
Zum Jubiläum 30 Jahre Kulturring wird es eine Reihe von Veranstaltungen geben. So am
Montag, 3.6. um 14 Uhr im Studio Bildende Kunst, John-Sieg-Str. 13 das Jubiläumsfest, mit Ausstellungseröffnung, Konzert und Prominenz. Und in Hellersdorf am Wahlsonntag 9.6. ab 10.30 Uhr im MAXIE-Treff, Maxie-Wander-Straße 56, mit einem Workshop „Arbeiten mit Speckstein“, Live-Musik zum Tanz und zuhören im Garten und einem Konzert des Duos „Friedrich & Wiesenhütter“. Natürlich auch mit Getränken, Kuchen oder Bratwürsten.