Spandauer Industriegeschichte: Siemensstadt

Ingo Knechtel

In der Kulturring-Chronik finden wir den Eintrag unter dem Monat Dezember 2008: Die Industriegeschichte in Spandau wird durch eine Projektgruppe des Kulturrings erforscht. Die Ergebnisse werden in Form von sieben Faltblättern publiziert.

Wer hätte damals gedacht, dass es von der Geschichte in die Zukunft manchmal ein recht kurzer Weg ist. Eine Million Quadratmeter mehr Berlin – so wirbt die Siemens AG für ihren neuen Standort, der für die eingeschlafene Tradition eines Berliner Quartiers eine strahlende Zukunft voraussieht, Siemenssstadt Square klingt doch weltstädtisch. Der Name soll auch für Biodiversität und Nachhaltigkeit stehen. Und er soll Menschen Raum für kreative Arbeit und für modernes Wohnen bieten. Dazu soll die alte Siemensbahn wieder ganz schnell als S-Bahn-Linie zu neuem Leben erwachen. Denn 2035 sollen im Spandauer Ortsteil „35.000 Menschen wohnen, arbeiten, lernen und forschen sowie Technologien von morgen erproben und produzieren“. Das verkündet jedenfalls Siemens.

Kein anderer Ortsteil von Spandau hat so offensichtlich industrielle Wurzeln, dass bereits der Namen darauf hinweist. Die Siemensstadt entstand ab 1897 auf noch unerschlossenem Gebiet als Erweiterung des in Kreuzberg und Charlottenburg ansässigen Elektrounternehmens von Siemens & Halske. In fünfzehn Jahren wuchsen zahlreiche Industrieanlagen, die Infrastruktur für die Arbeiter und Angestellten wuchs mit. Tochterunternehmen und Mittelständler folgten, wie zum Beispiel OSRAM. Ab den 1960er Jahren brach die Produktion ein, Werke wurden geschlossen und abgerissen. Es begann die Zeit der Siemens-Technoparks, mit denen das Unternehmen Industrieflächen vermieten wollte. Alles in allem also eine sehr wechselvolle Geschichte. Wer sich dafür interessiert, dem sei der Flyer des Kulturring-Teams empfohlen. Überhaupt sind die gut recherchierten Flyer nach wie vor ein lesenswertes Informationsmaterial. Es gibt sie zu folgenden Spandauer Standorten: Am Juliusturm, Eiswerder, Flugplatz Staaken, Freiheit, Hakenfelde, Klosterfelde und zur schon beschriebenen Siemensstadt. Dabei wird auf viel Sehenswertes hingewiesen und der Leser bekommt Lust nachzuforschen, was aus all den industriellen Standorten geworden ist. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung stellte der Verein das Ziel dar, das er mit dem Projekt verfolgte: Mit der Darstellung ausgewählter Industriestandorte will der Kulturring die Sinne dafür schärfen, sein Wohnumfeld auch aus der Geschichte und Tradition heraus zu verstehen, vielleicht auch den Anstoß dazu geben, bei geplanten Neuansiedlungen möglicherweise einen dieser Standorte in die engere Auswahl zu ziehen. Wie toll dies im Falle der Siemensstadt funktioniert hat, das ist wirklich wie ein Traum!

www.kulturring.berlin/projekte/spandauer-industriegeschichte

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