Kurz nach der Eröffnung des Medienpoint Spandau konnten wir am 19. April 2004 in der Alten Stadtbücherei neue, größere Räume beziehen. Der Platz war dringend nötig für die ganz schnell wachsende Anzahl von gespendeten Büchern. Aber auch Arbeitsplätze standen nun in viel größerer Zahl zur Verfügung. Wir schlugen dem Bezirk und dem Jobcenter vor, Projekte zu entwickeln, die sich der Geschichte, den Menschen und auch dem Sehenswerten in Spandau widmen. So beschäftigte sich bald eine Gruppe von Mitarbeitern mit dem Thema „Orte und Persönlichkeiten“. Verborgene Schätze wurden sichtbar gemacht. Es waren dies oft unscheinbare oder unbekannte Gegenden und Plätze, es waren hier geborene oder früher hier lebende Persönlichkeiten. Geschichtlich interessante Fakten wurden recherchiert, fotografiert, zusammengestellt, dem Museum in der Zitadelle und dem Tourismusbüro zur Verfügung gestellt. In verschiedenen Flyern und Werbematerialien floss ein, was nicht nur für Einheimische, sondern auch für Besucher aus dem „fernen Berlin“ von Interesse sein konnte. Der Beweis war somit erbracht, dass in der Arbeitsförderung ein großes Potenzial schlummert, das wir gemeinsam mit dem Bezirk weiter nutzen wollten.
Die Galerie der Frauen in Spandau
Die damalige Frauenbeauftragte von Spandau Anneliese von Weiss trat an uns heran und brachte ein ganzes Potpourri von Ideen mit. Begonnen haben wir mit den „Spandauer Seniorinnen“. Wir wollten Lebenserinnerungen sammeln, sie bewahren helfen. Schönes, Nützliches sollte festgehalten werden, manches regte zum Schmunzeln an. Aber auch an Mahnendes aus alten Zeiten sollte erinnert werden. Da bei vielen der Befragten in der Erinnerung das Essen eine große Rolle spielte, haben wir in das Heft einige Rezepte von damals zum Ausprobieren heute aufgenommen. Die Gespräche waren von gegenseitiger Wertschätzung geprägt und hinterließen bei den Seniorinnen das Gefühl, aus ihrem nicht immer leichten, oft aber erfüllten Leben etwas Wertvolles für die jüngere Generation hinterlassen zu können. Auch beim Bezirksamt kamen die Texte gut an. Sie wurden in Heftform zusammengefasst und waren der Auftakt für eine Reihe unter dem Titel „Galerie der Frauen“.
Die darauf folgende Publikation sollte sich Problemen und Fragen widmen, die sich engagierte Frauen in der Gegenwart oft stellen: Kommt eine Selbstständigkeit für mich in Frage, was bedeutet eine Unternehmensgründung, welche Aufgaben sind dabei zu lösen, wen muss ich ansprechen und welche „Marktlücken“ möchte ich füllen? Auch bei diesem Projekt waren Kontaktarbeit und Kommunikation gefragt. Erfolgreiche Spandauer Gründerinnen wurden aufgesucht und befragt. Ergänzt mit dem nötigen Sachwissen aus dem Bezirksamt und anderen unterstützenden Einrichtungen wurde dargelegt, welche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Gründung erforderlich und welche Unterlagen beizubringen sind. Die gesammelten Informationen gaben für unsere Mitarbeiter ein klareres Bild von Möglichkeiten und Herausforderungen bei der Vorbereitung auf die Selbstständigkeit. Die Broschüre kam offensichtlich zur rechten Zeit am rechten Ort. Der damalige Bürgermeister von Spandau, Konrad Birkholz, wünschte sich in seinem Grußwort, dass recht viele Frauen sich an den Beispielen orientieren und sich verstärkt in Wirtschaftszweigen außerhalb der Dienstleistungsberufe betätigen.
Da war es nur folgerichtig, dass wir uns im dritten Heft der „Galerie der Frauen“ dem Thema „Frauen in technischen Berufen“ zuwandten. Neben einer Auswahl solcher Berufe mit Zukunft wurden Unternehmensprofile Spandauer Firmen dargestellt, die eine einschlägige Ausbildung anboten. Da das Material auch für die Berufsfindung in Schulen verwendet werden sollte, stellten die Mitarbeiter Möglichkeiten zur Information und Beratung zusammen. In einem Abschnitt wurden viele Tipps für die Erstellung von Bewerbungsmappen und das Führen von Bewerbungsgesprächen zusammengetragen. Wir hatten uns mittlerweile mit der Frauenbeauftragten noch weitere Themen für die „Galerie der Frauen“ vorgenommen. Dazu informierten wir uns über Spandauer Straßen, die nach Frauen benannt wurden, und recherchierten zu einigen von ihnen Bemerkenswertes aus dem Leben der Geehrten. Nahe dem Luftwaffenmuseum im Spandauer Ortsteil Kladow ist zum Beispiel eine Straße nach Marga von Etzdorf benannt. Als zweite Nachkriegsfliegerin nach Thea Rasche bestand sie 1927 ihren A2 Flugschein und später einen Kunstflugschein. Eine Karriere als Verkehrsfliegerin war zu der Zeit für eine Frau noch ausgeschlossen, sodass Marga weitere Ausbildungen selbst bezahlen musste und unzählige Flüge privat finanzierte und absolvierte. Auch eine nach Käthe Paulus benannte Straße findet man in Kladow. Sie war die erste deutsche Fallschirmspringerin und erfand den zusammenlegbaren Paketfallschirm. In den Straßen von Spandau finden sich viele Stolpersteine, die auf ausgelöschtes jüdisches Leben hinweisen. Frieda Arnheim, Paula Hirschfeld und Rosa Reinglass wurden beispielhaft in unsere Textsammlung aufgenommen. Obwohl nun ein sehr informatives, gut bebildertes Heft entstanden war, erhielten wir leider keine Gelegenheit mehr, es zu drucken. So abrupt, wie Projektlinien oft abbrachen, erstarben auch die Geldflüsse. Es blieb nur ein gedruckter Entwurf und die Galerie der Frauen wurde geschlossen. Zwischendurch und danach gab es aber weitere Projekte zur Erkundung Spandaus, wie zur Industriegeschichte oder in Form von Tour Tipps mit informativen Flyern.
Eine Projektlinie lief mehrere Jahre mit großem Erfolg und bemerkenswerten Ergebnissen. Zum Thema „Rosa Winkel, Verfolgung Homosexueller in der NS-Zeit“ wurde auch in Spandau gearbeitet. Dazu jedoch mehr in der nächsten Kultur.txt.