Viele Touristen kommen nach Berlin. Nicht wenige wollen das Flair des Prenzlauer Bergs erleben. Auch wenn vieles inzwischen allzu schick geworden ist – ein Besuch lohnt sich allemal immer noch. Was weniger bekannt ist: der Prenzlauer Berg ist nur ein kleiner Teil des viel größeren Berliner Bezirks Pankow. Diese Wahrnehmung zu ändern hat sich der Tourismusverein Berlin-Pankow zum Ziel genommen. Unter seiner Trägerschaft wurde das Tourist Information Center, kurz TIC gegründet. Sein Ziel ist es, die versteckten Ecken des Bezirks bekannter zu machen. In einem Gespräch hat mir Sandra Vogt, die Leiterin des TIC, ihren Netzwerk-Ansatz für Pankow, insbesondere für den Norden und Nordosten des Bezirkes vorgestellt. Ziel sei es, mit möglichst vielen Akteuren, die das öffentliche Leben in allen Ortsteilen prägen, ins Gespräch zu kommen. So findet beispielsweise einmal im Monat ein Kreativfrühstück statt. Reihum stellen sich Projekte mit unterschiedlichsten Angeboten in ihren eigenen Räumlichkeiten vor. Anschließend findet eine Diskussion statt, um später möglichst im TIC dafür zu werben. Die Frühstücksrunde wandert durch alle Ortsteile. Bereits abgeschlossen ist das Projekt einer Ideenschmiede. Auf meine Nachfrage, von wem denn das TIC genutzt wird, führte meine Gesprächspartnerin aus, dass sich meistenteils die Generation mittleren Alters im Center informiert. Ihrer Vermutung nach sind die touristischen Highlights der Stadt vorher bereits von diesen besichtigt worden und nun wäre noch Zeit für einen zweiten Blick. Das entspräche auch dem Marketingkonzept, das von eben diesem Nachfrage-Bedarf ausgeht.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist ein Blick auf den Tagestourismus. Und da spielen Berlin und sein Umland durchaus eine Rolle. Denn obwohl den Berlinern gerne nachgesagt wird, dass sie ihren Kiez nur ungern verlassen, ist es doch so, dass es einen regen Binnentourismus gibt. Also Tagestourismus ohne Übernachtung. Zahlen sind hier zwar schwer auszumachen, aber zumindest war von der Berliner Marketingorganisation visitBerlin auf Nachfrage zu vernehmen, dass stadtweit zwei Drittel der befragten BerlinerInnen Angebote nutzen, die auch von Touristen wahrgenommen würden. Und darunter sind eben Berliner Familien genauso wie an Stadtgeschichte und dem Kulturleben in den Bezirken Interessierte. So verwundert es nicht, dass der oben bereits genannte Trägerverein seit 2004 in enger Verbindung steht zu unserem Kulturring in Berlin. Denn dessen Verständnis zielt ja ebenfalls auf die Stärkung der Hauptstadtkultur und ihrer Verankerung in allen Bezirken der Stadt. Der Kulturring unterstützt seit dieser Zeit personell sowohl das TIC als auch das im Hintergrund agierende Projektbüro. Sechs Mitarbeiter helfen bei Recherchen zu den verschiedensten Themen und unterstützen das TIC mit Auskünften und Hinweisen zu touristisch relevanten Orten. Sie kümmern sich um die Bereitstellung von Informationsmaterialien zu Veranstaltungen und leisten Hilfe bei Kunst-, Kiez- und Stadtteilfesten.
Zwei vom TIC in Zusammenarbeit mit dem Tourismusverein entwickelte Touren gefallen mir besonders gut: Zum einen die „Pankow Music Tour“, eine Audiotour, die all jene zu Wort kommen lässt, die im Bezirk in unterschiedlichsten Zusammenhängen Pop- und Rockmusikgeschichte geschrieben haben. Und zum anderen eine Fahrradtour, die sich Kunstobjekten im öffentlichen Raum widmet: dem Flusslauf der Panke folgend werden dabei auf fünfzehn Kilometern ganz unterschiedliche Stadträume durchradelt. Vom ländlichen Buch im äußersten Norden bis zum zentral gelegenen Bürgerpark.
Die Tour erinnert mich an das Flussbad-Projekt im Bezirk Mitte, das ebenfalls ganz unterschiedliche Stadträume durchquert und damit ebenso Berliner Stadtgeschichte anschaulich macht. Dort ist in einem Seitenarm der Spree direkt vor der Museumsinsel öffentliches Baden anvisiert. Die hier schon seit längerem öffentlich geführte Debatte wird aktuell sehr kontrovers geführt. Dabei geht es freilich weniger um Kunst als um die Deutungshoheit über die Nutzung des besagten Stadtraumes. Aber dennoch: Liebhaber hehrer Kulturgüter mischen ordentlich mit: Hoher Kunstgenuss vs. profane Badegäste sind hier nur einige der Stichworte. Aber davon und von einem gänzlich anders gestrickten Bezirk vielleicht mehr in meinem nächsten Beitrag für kultur.txt … wenn es wieder um das Hier und Jetzt des Berliner Alltags in den Bezirken geht.