Bodenkontakt - Impulsgeber Natur

Dagmar Steinborn

Die ausdrucksstarken Werke der Künstlerin Marita Czepa sind nicht einfach Malerei, die Schönes darstellen. Als Mensch und Künstlerin setzt sie sich kritisch mit den Themen der Zeit auseinander. Die massiven menschlichen Eingriffe in die Natur, die damit verbundenen Veränderungen und sogar die Zerstörung unserer Welt treiben sie um. Bevor heute noch Vorhandenes verloren geht, hält sie es mit ihrer Kunst fest. Die Bewahrung der Natur und mit ihr die Bewahrung der menschlichen Existenz liegen ihr am Herzen. In ihren Arbeiten thematisiert sie die Gefährdung der Natur durch den Menschen. In der Auseinandersetzung damit experimentierte sie mit unterschiedlichen Materialen. So entstanden die für sie typischen Werke. Mit offenem Blick, der oftmals auf den Boden gerichtet ist, findet sie Alltagsgegenstände, die weggeworfen, kaputt oder verloren wurden. Für ihre Serie „Archäologie der Zukunft“ sammelt sie auf Spaziergängen genau diese Objekte. Das können Steine, Muscheln aber auch persönliche Gegenstände aus verschiedenen Zeiten sein, die sie mit Buntstiften auf alte Karteikarten zeichnet. Mehr als 700 solcher Fundstücke hat sie bereits festgehalten. Abgeschlossen wird diese Serie wohl nie sein. Gedanken zu Vergangenheit und Zukunft kommen ihr in den Sinn. Wenn wir heute Bohrkerne aus der Tiefe analysieren, erfahren wir viel über Erdschichten, Klima aber auch über vergangene Kulturen. Was werden wohl spätere Generationen bei Bodenproben aus unserer Zeit finden? Was sagt das über uns aus? Wie verändern wir Landschaft und Natur?

Schon seit früher Jugend malt Marita Czepa und interessierte sich für viele Kunstrichtungen. Seit Anfang der 1990er Jahre unternahm sie Malreisen, die sie u. a. nach Norwegen, Island, Grönland, Lettland, Belarus, Italien, Frankreich und durch ganz Deutschland führten. Tief beeindruckt von der Schönheit der unberührten Natur, die nun durch den Bau eines Staudammes in Island, wie sie es erlebt hat, bedroht ist, setzt sie sich künstlerisch auseinander. Sie weiß, dass sich ein Bild oftmals stärker einprägt als Worte. Die so entstanden Bilder tragen Titel wie „Permafrost“, „Arktis“, „Kulturlandschaft“, „Eisland“, „Abraum“ oder „Stromland“.

„Wir leben auf Kosten kommender Generationen“, sagt Marita Czepa. Seit langem setzt sie sich mit unserem Umgang mit den Ressourcen auseinander – auch mit dem eigenen Verhalten. Mit ihren Werken will sie diesem Trend entgegenwirken. Und sie ist selbst aktiv. Seit Jahren kauft sie keine Mal- und Zeichenpapiere, wie z. B. Aquarellpapier. Sie verwendet für ihre Arbeiten bereits ein- oder mehrmals benutzte Papiere, Pappen, alte Briefumschläge, Karteikarten, Zeitschriften, abgeweichte Plakate oder erdfarbenes Packpapier. Das ist nicht nur umweltfreundlich sondern verleiht den Arbeiten einen besonderen Charakter. Die Farben leuchten nicht so wie auf strahlend weißem Untergrund, aber gerade das passt zu ihren Themen. Ausrangierte Hängeregistraturen dienen ihr als Bildträger der in Aquarelltechnik mit Tusche betitelten Bilder, wie „Boden erkrankt“, „Bodenkammer“ oder „Bodenpfand“, so bezeichnet die Künstlerin sie treffend.

Dass Lebensmittel bei uns in Plastik eingeschweißt verkauft werden, findet die Künstlerin geradezu absurd. In der Bilderreihe „Schön verpackt“ hat sie das thematisiert. Und sie fordert uns alle auf, bewusster einzukaufen. Doch nach wie vor ist die Natur ihr stärkster Impulsgeber.

Geboren wurde Marita Czepa 1956 in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. Hier wuchs sie auch auf und studierte in Wismar Informatik. Viele Jahre arbeitete sie in diesem Beruf. Zusammen mit ihrem Mann und den beiden Kindern zog sie nach Berlin und lebt seit 1983 in Hellersdorf. Mit der Wende 1989 ergaben sich auch für sie Veränderungen. Bis 2012 war sie im interkulturellen Bereich als Kulturmanagerin tätig. Mit 56 Jahren entschied sich Marita Czepa für einen Neuanfang. Endlich wollte sie sich um ihre eigene künstlerische Entwicklung kümmern! Sie spürte, dass sie künstlerisch noch nicht am Ziel war. An der Akademie für Malerei Berlin studierte sie von 2012 bis 2017 Malerei im Direktstudium. Begeistert erzählt sie von ihren Dozentinnen und Dozenten, die es verstanden haben, mehr ihrer Fähigkeiten ans Licht zu bringen. „Ohne das Studium und meine phantastischen Lehrer wäre ich immer Hobbykünstlerin geblieben“, sagt sie.

Die Künstlerin wird von der Berliner Galerie ROOT vertreten, hat an zahlreichen Messen und Ausstellungen im In- und Ausland teilgenommen. Ihre Vielseitigkeit präsentiert sie in Einzel- und Gruppenausstellungen.

Sie ist Mitglied im Künstlersonderbund, in der FrauenKunstKarawane (FKK) sowie im Kunstverein Templin. Dort leitet sie Aquarellkurse für Kinder im Kunstferienlager. Außerdem ist sie als Dozentin tätig.

Als Mitglied der FKK beteiligt sie sich in diesem Jahr vom 14. Juli bis 27. August an der Ausstellung in der Krankenhauskirche im Wuhletal sowie in den Gärten der Welt ab 1. Oktober 2023. Auch bei „Kunst: offen“ am 11. Juni ist die Künstlerin dabei, als Gast im Atelier Bachmann. Mehr Informationen unter: www.marita.czepa.net

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