Reframe – ein Workshop für Fotografen in Namibia

Lisa Ossenbrink

Sanfte Hügel, flimmernde Hitze, weder Fluss noch See und eine Stadt auf fast 2000 Höhenmetern – das ist Windhuk. Vom Township mit Wellblechhütten bis zu den Villen in Ludwigsdorf, das Stadtbild macht deutlich, wie große Ungleichheit neben hoher Arbeitslosigkeit zu den drängendsten Problemen im Land gehört. Wer über die Independence Avenue läuft, begegnet Zeitungsverkäufern, Parkplatzwächtern und bettelnden Kindern neben gestressten Geschäftsleuten.

Namibia hat weniger Einwohner als Berlin und eine Fläche, die größer als Deutschland, England und Frankreich zusammen ist. Damit gehört es zu den am dünnsten besiedelten Ländern der Welt. Windhuk ist eine bunte Mischung aus trubeliger Hektik und verstopftem Verkehr gepaart mit ruhigen Wohngegenden, in denen man morgens von Vogelzwitschern geweckt werden kann.

Die Kultur ist geprägt von Respekt und Positivität. Religion spielt im Leben vieler Namibier:innen eine große Rolle, ebenso wie Tradition. Mit elf offiziellen Sprachen und mindestens so vielen Ethnizitäten ist Namibia ein sehr diverses Land. Aufgrund seiner Größe – oder vielmehr dem Mangel daran – und der kleinen Population ist die Kreativszene in Windhuk von einigen wenigen Individuen bestimmt.

Das soll sich jetzt ändern. Mit einem vierwöchigen Workshop wollen die drei Veranstalterinnen junge namibische Fotograf:innen ermutigen, Dokumentarfotografie zu erkunden. Die Teilnehmer:innen sollen ihre eigenen Geschichten über Namibia und ihr Leben vor Ort erzählen. Der Workshop dient dazu, den Fotograf:innen einen Zugang zum deutschen Markt zu geben, ihre Arbeiten professioneller zu machen und ihnen eine erste Erfahrung mit Dokumentarfotografie zu geben. So soll außerdem einem deutschen Publikum ein authentischer Einblick in das Leben in Namibia gegeben werden, fernab von Touristen-Broschüren und glänzenden Magazinen.

Am ersten Tag des Workshops werden Stühle aufgeregt in dem kleinen Raum in der Namibian Arts Association auseinandergerückt, als die ersten Teilnehmer ihre Plätze einnehmen. Eine kleine Mappe mit aufgedrucktem Reframe-Logo, einem USB-Stick, Stiften und einem Notizblock ist für jeden von ihnen auf den Plätzen verteilt. Mit gebannten Augen blicken die jungen Fotografen auf die Präsentation vorne im Raum, die Luft gefüllt mit Antizipation.

Sie wollen lernen, wie Portraits aufgenommen, Konzepte geschrieben und Ausstellungen kuratiert werden. Wie funktioniert ein fotografisches Essay und wie arbeiten Journalisten und Fotografen zusammen? Das Programm ist vielfältig. Während der Fokus auf der Produktion dokumentarischer Foto-Essays liegt, werden auch der Kunstmarkt und journalistisches Arbeiten mit abgedeckt.

Eine Masterclass wie diese, die vier Wochen lang einen intensiven und kostenlosen Workshop für Fotografen darstellt, gab es in Windhoek noch nie, erzählt eine der Teilnehmerinnen begeistert.

Die Gruppe vierzehn angehender Fotografen nimmt in den nächsten Wochen am Reframe-Workshop in Windhuk teil. Die Teilnehmer wurden nach ihren bisherigen Arbeiten ausgewählt und rangieren im Alter von 17 bis 37 Jahren. Unter ihnen sind Studierende, ein professioneller Hochzeitsfotograf, eine Architektin und multimediale Künstlerinnen.
Die Teilnehmer:innen interpretieren das Thema „Home of Mine“' auf unterschiedliche Weise. Ein Eiscreme-Verkäufer, der von Schule zu Schule läuft, ein Straßenverkäufer, Schüler:innen vor einem kolonialen Gebäude – all dies sind Motive der verschiedenen Fotograf:innen.

Leiterin des Workshops Julia Runge zeigte sich sehr zufrieden mit den Teilnehmer:innen. „Wir haben sehr unterschiedliche und sehr talentierte junge Fotografen bei uns“, erklärte sie.

Der Workshop wird im nächsten Monat in einer Gruppenausstellung in Windhoek gipfeln, gefolgt von einer Ausstellung in Berlin im nächsten Jahr. Unterstützt wird der Workshop von der Regierenden Bürgermeisterin Berlins, dem Kulturring Berlin und der Fotogalerie Friedrichshain in Berlin sowie von Efano Efano, dem Café Prestige und der Namibian Arts Association in Windhoek.

Reframe wird von den Fotografinnen und Journalistinnen Julia Runge, Hildegard Titus und Lisa Ossenbrink geleitet und organisiert. Alle drei haben ihren Lebensmittelpunkt mindestens für mehrere Monate im Jahr in Windhuk. Der Workshop entstand aus den unterschiedlichen Stärken der drei jungen Frauen – einer Mischung aus Dokumentarfotografie, Fotojournalismus und Storytelling.

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