20 Jahre Berliner Tschechow-Theater

Karl Forster

Es entstand eigentlich als Verlegenheitslösung. Das russische Theater „Skaska“ im Marzahner Nordwesten stand vor 20 Jahren aus verschiedenen Gründen vor dem Aus – keine Institution wollte oder konnte mehr personell und finanziell helfen. Es drohte ein Abbruch der Theaterarbeit mit Kindern und Jugendlichen im ohnehin schon problembeladenen Stadtteil Marzahn NordWest. Der Kulturring in Berlin e. V. war damals Kooperationspartner des Theaters, hatte noch keine eigenständigen Theaterprojekte und war bereit in die Bresche zu springen. Die Akteure und Theaterliebhaber im Kulturring brannten vor Elan mit der Theaterarbeit zu beginnen und so wurde im Juni 2002 schon eine „Inbesitznahme“ gefeiert und die offizielle Eröffnung im Juli war eigentlich Nebensache. Schnell war auch ein Namenspatron gefunden, nämlich Anton Tschechow. Der Theaterkünstler zwischen den Kulturen Russlands und Deutschlands. Und so entstand das Berliner deutsch-russische Tschechow-Theater, kurz BTT.

Schnell entfaltete sich das kleine Zimmertheater zu einem besonderen Kulturort im Stadtteil.

Im Jahre 2004 übernahm dann Dr. Alena Gawron die Leitung des Hauses. Alena prägte den populären Charakter des Theaters und garantierte mit besonderem Elan für ein qualitätvolles und vielseitiges Programm. Doch finanzielle Probleme schienen manchmal auch das BTT zu bedrohen, wie aus alten Zeitungsmeldungen hervorgeht. Förderung für kulturelle Projekte ist eben auch im Stadtrandbezirk Marzahn-Hellersdorf nicht selbstverständlich.

Doch nun kann das Tschechow-Theater sein 20jähriges Bestehen feiern. Am Mittwoch, 16. November, wird mit zahlreichen geladenen Gästen dieses besondere Ereignis gefeiert. Natürlich mit einer Szenischen Lesung aus Werken von Anton Tschechow.

Das Feiern ist besonders angesagt, weil sich die Zusammenarbeit mit Bezirksamt und Senat doch positiv ausgewirkt hat. Für zwei Jahre ist im Rahmen des Projektes „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“ durch eine Förderung des Jugendamtes die Kinderkulturarbeit gesichert. Dies ermöglicht beispielsweise ein buntes Programm des Mitspieltheater für Kinder ab 6 Jahren. Neben dem gemeinsamen Theaterspiel geht es um das Üben von Lesen, Vorlesen und korrektem Sprechen. Bedauerlicherweise wird den Kindern nicht mehr so viel vorgelesen. Viele sind überrascht, auf diese Weise erstmals Märchen kennenzulernen. Natürlich wird bei der Kinderkulturarbeit auch eng mit den Schulen zusammengearbeitet.

Im vergangenen Juni kam dann endlich auch eine Finanzierungsmöglichkeit für die Erwachsenen-Kulturarbeit hinzu. Zumindest für dieses Jahr. Und schließlich dann im August die Aufnahme in das Kulturförderprogramm „Freiwilliges Engagement In Nachbarschaften“ (FEIN). Das BTT wird dabei Rahmen und Basis für freiwilliges Engagement, das Zusammenbringen von verschiedenen kulturellen Interessen und Bedürfnissen von Menschen unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft, Altersgruppen sowie individueller Entwicklungsfähigkeit im Stadtteil bieten. Damit ist vorerst bis Ende 2024 die kulturelle Arbeit im BTT finanziell abgesichert.

Alena Gawron: „Nachdem wir lange Zeit nur kurzfristig finanziert wurden, ist nun erstmal eine längere Planung durch die Finanzierung für zweieinhalb Jahre möglich. Damit ist vor allem auch Sprachförderung von Kindern, die gerade in der Zeit nach Corona wichtig geworden ist, möglich. Schon Voltaire sagte: Ein Theater bildet mehr als ein Buch.“

Doch ein solch umfangreiches Programm, wie es das BTT anbietet, braucht auch engagierte MitarbeiterInnen. Im Team des BTT sind seit jeher Menschen aus vielen Herkunftsländern tätig (Slowakei, Kasachstan, Russland, Ukraine, Polen, Syrien, Deutschland), die ausgeprägte interkulturelle Kompetenz aufweisen. So ist die Leiterin Dr. Alena Gawron mit hoher interkultureller und fachlicher Kompetenz langjährig im Theater aktiv. Ebenso wichtig aber auch ein großer Kreis von Ehrenamtlichen MitarbeiterInnen.

Das vielfältige Programm sieht für die nächste Zeit beispielsweise eine neue Veranstaltungsreihe vor, das alle zwei Wochen stattfindende Erzählcafé für SeniorInnen mit Heike Schmidt als Moderatorin, ein Tanzcafé für Junggebliebene oder einen Russischen Kulturnachmittag. Aber auch einen Familiensonntag, bei dem Eltern und Kinder gemeinsam Theater spielen dürfen. (Die Großeltern sind natürlich auch herzlich willkommen).

Und wissen Sie eigentlich was Boomwhakers sind? Es sind bunte Plastikröhrchen mit denen man Musik machen kann. Beim Schlagen des Boomwhackers auf verschiedenartige Gegenstände ergeben sich unterschiedlich klingende Töne.  Das BTT bietet dazu einen kostenlosen Workshop für Kinder ab 5 Jahren an. 

Das Programm für Kinder finden Sie hier.

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