Das war ein Fest!

Hannelore Sigbjoernsen

Mit viel Geschwätz und Gelärm verabschiedeten sich um die Mittagszeit am 6. November 2019 50 Viert- und Fünftklässler aus Hellersdorf und Prenzlauer Berg mit ihren bemalten Mauersteinen und -kartons unter den Armen und Sportrucksäcken auf dem Rücken im St.-Elisabeth-Stift Prenzlauer Berg voneinander, um wieder in ihre Schulen zu fahren. Das war ein Fest! Man hat gemeinsam die Mauer eingerissen!

Die Vorbereitungen dafür liefen seit dem Frühjahr 2019. Ingrid Landmesser nutzte ihre Beziehungen zum Seniorenstift St. Elisabeth in Prenzlauer Berg, dort kannte man die „Schule am Falkplatz“ in Prenzlauer Berg, ich kannte die Schule „Am Hollerbusch“ in Hellersdorf. Treffen, Gespräche hier und dort, Mails hin und her – Kartonbeschaffung (Sie mussten ein einheitliches Maß haben.), inhaltliche Vorbereitung und Kartongestaltung in den Schulen, Programmablauf, Quizfragen... In den KulturNews vom Oktober 2019 wurde darüber berichtet. Dann kam die Abschlussveranstaltung mit beiden Schulklassen. Ehrlich, die Aufregung ließ mich in der Nacht davor nicht wirklich gut schlafen.

Die Senioren im Stift hatten ihre Mauerkartons bemalt, und einige von ihnen warteten schon vor 10 Uhr in der Kapelle. Alle Kinder kamen pünktlich in der Eberswalder Straße an. Dörte Maungue, Leiterin für Betreuung in der Einrichtung, nahm sie in Empfang und hatte alles perfekt vorbereitet: Auf den Tischen klebten Symbole aus DDR- und heutiger Zeit. Jedes Kind zog einen Zettel, auf dem „sein“ Tisch zu sehen war. Die Idee dabei: Die Schüler aus Prenzlauer Berg und Hellersdorf sollten nicht getrennt, sondern gemischt sitzen und sich kennenlernen. Die „Mauerbilder“ der Schüler vom Falkplatz waren als Ausstellung aufgestellt. Die Kids hatten während ihres Mauerspaziergangs Fotos von sich entlang der Bernauer Straße aufgenommen. Die Technik war eingerichtet, um Fotos und die von Ingrid Landmesser gefilmten Mauertouren zu zeigen. Die Musiker Michael Kanert und Andreas Nareusch spielten sich auf dem Flügel ein. Die Mauer wurde aufgebaut. Was wacklig war, wurde im Laufe der Veranstaltung gerichtet. Dann ging es los: Geschichte und Geschichten wurden erzählt. Dörte Maungue gestaltete den Auftakt. Die Kids aus Hellersdorf hatten aus ihren Familien DDR-Dokumente mitgebracht. Filme waren anzuschauen, unterbrochen von mehrmaligem gemeinsamen Singen. Dann sollten Quizfragen zum Thema Mauer beantwortet werden. Die richtigen Antworten wurden lautstark gemeinsam wiederholt, und wieder folgte gemeinsames Singen.

Zum Abschluss waren die Erwachsenen gefordert: Den Text zum Song von Udo Linderbergs „Sonderzug nach Pankow“ bekamen sie auf die Hand. Sich vor dem Singen zu drücken, gab‘s nicht. Das war ein Fest für die Kinder! Und sie rissen die Mauer – noch unter dem Eindruck des für sie ungewöhnlichen Chores – mit großer Freude ein.

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