Sommer, Sonne, Aufatmen mit Kultur

Ingo Knechtel

Die Kultur im Freien öffnet unsere Herzen. Wir atmen auf. Corona scheint auf dem Rückzug zu sein. Und wir freuen uns auf hoffentlich unbeschwerte Urlaubstage. Wie es weitergeht, wird sich im Herbst zeigen. Und das nicht nur in der Pandemie-Lage. Wichtige Wahlen stehen ins Haus, in Berlin sind einige Kreuzchen zu setzen und Wahlzettel zu falten. Grund genug, sich Gedanken darüber zu machen, wie wir weiter leben wollen und was uns die Wahlkämpfer an Programmatik anbieten. Seit einigen Jahren erleben wir, häufig angefeuert durch die ach so sozialen Medien, einen wahren Ego-Trip vereinzelter Seelenfänger, aber auch ein Aufbäumen von Nationalismen und regionalen Zersplitterungen. Und wenn das nicht schon schlimm genug wäre, wird es auch noch begleitet von religiösen und politischen Fanatikern und gewaltbereiten Rassisten. Geradezu nostalgisch muten Erinnerungen an die rosaroten Bilder eines gemeinsamen europäischen Hauses zu Gorbatschow-Zeiten an. Jeder konnte sich seine Wohnungen so schön und individuell wie möglich einrichten, doch immer gab es auch eine gemeinsame Hausordnung, gemeinsame Interessen und Ziele. Es wird wohl auf absehbare Zeit eine entscheidende Frage bleiben, wieviel Gemeinsamkeit wir wollen und wie groß unser Haus sein soll. Gemeinsames ist schließlich im Großen wie im Kleinen der Kitt, der uns beisammen hält. Dagegen sollte kein zerstörerisches Querdenken ankommen können, kein spirituelles Verschwörungsgehabe eine Chance haben. Wir als Vereine sind geradezu prädestiniert, dieses Gemeinsame zu betonen. Bei uns kommen Leute genau deshalb zusammen, weil sie gemeinsamen Interessen nachgehen, weil sie zusammen Projekte verwirklichen wollen. Wieviele ähnliche Ansätze es woanders dazu gibt, zeigt ein Beitrag in diesem Heft über einen Partner des Kulturrings in Litauen und wie die Gemeinsamkeiten zu einer länderübergreifenden Vernetzung führen können. Die Kunst, sich zu öffnen, hat uns zur neuen Ordnung in Europa nach 1989 gebracht, sie muss uns weiter bringen. Deutschland zuerst darf nicht gelten, die gemeinsamen Herausforderungen machen auch nicht an Europas Grenzen halt. Für uns Kulturmenschen stehen die wichtigen Fragen im Zentrum, die wir nur zusammen und im Dialog lösen können. Kreative Ideen und beispielhafte Aktionen dazu gibt es in der Kultur zuhauf. Und ganz tolle Menschen, die sich tagtäglich in Vereinen und in ihrem Kiez engagieren. Von ihnen erzählen die Geschichten in diesem Heft. Und wenn wir diese Menschen weiter begeistern können und sie um uns haben, können wir nicht nur kurzfristig aufatmen. Das bringt uns voran und darauf freuen wir uns.

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