Die Tür steht offen

Armin Hottmann

Ein freier Raum. Der erste Titelentwurf von Uwe Lauterkorn für diese Ausgabe der ­Kultur News hat mich sofort angesprochen. Eine offene Tür, die in einen freien Raum führt. Was für eine Gelegenheit, um einen Raum mit neuen Ideen zu füllen. Spontan denke ich an interaktive Ausstellungen, europäische Kunstprojekte, ein Medienlabor oder eine Geschichtswerkstatt. Das Bild der „­offenen Tür” begleitet mich schon seit Langem. Einladend zu sein gegenüber den Kulturring-Mitstreiter*innen mit all ihren Interessen, Fähigkeiten und Ideen, ist mir ein wichtiges Anliegen. Ich verbinde das Bild aber auch mit bestehenden Orten und Inhalten, die wir gemeinsam weiterentwickeln und sichern wollen. Auch mit unseren Gruppen, die in dieser Weise die gute Kulturbund-Tradition fortführen und sich aktiv bei uns einbringen.

Wo neue Räume entstehen, können wir wachsen. Die Entwicklung unserer GISELA steht als Beispiel, wie man einen leeren Raum mit neuem Leben füllen kann. In knapp zwei Jahren hat das Team dort gezeigt, wie man mit vielen Ideen und großem Einsatz ein ansprechendes Kulturprogramm und wachsendes Netzwerk von Künstler*innen in der früheren Geschäftsstelle aufbaut.

Vision und Leitbild
Wenn wir uns für den Kulturring eine gute Zukunft wünschen, müssen wir uns klarer werden, wohin wir gehen wollen. Ich freue mich sehr, dass sich der Vorstand in diesem Punkt mit uns gemeinsam auf den nicht ganz einfachen Weg begeben hat. Es ist mir wichtig, dass die Vision ein Dach beschreibt, unter dem Ehrenamt und Geschäftsbetrieb zusammenkommen. Unter diesem Dach sammeln sich kulturelle Angebote verschiedener Berliner Orte. Dabei denke ich daran, wie die tagtäglichen, unterschiedlichen Abläufe und Angebote in den Medienpoints aussehen, aber auch an die vielen kulturellen Veranstaltungen, Projekte oder Gruppentermine. Politiker würden das als kulturelle Teilhabe bezeichnen, für mich bedeutet es jedoch gelebte Kultur, auch in dem Sinne, wie Ulrike Dittmann es so trefflich auf Seite 8 beschreibt.

Gleichzeitig sind wir Teil einer Hauptstadtkultur, die sich ständig verändert und weiterentwickelt: schneller und mobiler, multikultureller und internationaler, visueller und bewegter, was gut zu den Themen passt, die mir persönlich besonders am Herzen liegen. Als ich mich vor knapp drei Jahren dem Vorstand als möglicher Geschäftsführer vorstellte, präsentierte ich speziell drei Schwerpunkte für die Weiterentwicklung des Kulturrings: Europa, Bildung und Medien. Einiges konnten wir inzwischen umsetzen. Die Videoreihe „60 Sekunden Kulturring” mit knapp 100 Kurzfilmen ist ein gutes Beispiel, wie wir Medien mittlerweile für die Öffentlichkeitsarbeit nutzen und sogar Kultursenator Klaus Lederer beeindrucken konnten. Medien selbst sind aber auch Inhalte für Kultur. Ideen von „Jugend fotografiert” möchten wir im neuen Jahr auch im Kulturhaus in der Ernststraße einbringen oder zum Beispiel eine multimediale Kunstinstallation auf einem öffentlichen Platz in Treptow-Köpenick aufbauen. Medienpädagogische Ideen können sich in Medienpoint-Projekten etablieren, musikpädagogische Vorhaben zum Beispiel im Marzahner Tschechow-Theater oder in der Kulturküche Bohnsdorf eine Heimat finden. Das Bildungsprogramm im Bundesfreiwilligendienst, das wir in den letzten Jahren initiiert haben und kontinuierlich weiterentwickeln, gehört natürlich auch hier dazu.

Und dann gibt es noch so viel Platz für „Europa“. Ich freue mich sehr über die in Jahren gewachsene Zusammenarbeit mit internationalen Künstler*innen in unserem Verein. Das muss weitergehen. Europäische Fördermittel können da gemeinsame Projekte schaffen. Im Rahmen von Städtepartnerschaften können sich Einrichtungen austauschen und zuarbeiten, wie der Colorclub Treptow das schon seit Jahren exemplarisch handhabt. Ich träume von einem europaweiten Projekt, in dem wir uns mit kulturringverwandten Institutionen vernetzen, voneinander lernen, gemeinsam Kunst produktiv erleben und in unseren Städten präsentieren …

Es dreht sich um Menschen
Gerade in den letzten Monaten haben wir bemerkt, was durch Schließungen von Einrichtungen an Zusammengehörigkeit vor Ort verloren gegangen ist. Beim Kulturring dreht es sich nicht nur um Kultur, sondern auch um Menschen. Rund vierhundert von ihnen engagieren sich im Ehrenamt, als Bundesfreiwillige, in der Arbeitsförderung oder Festanstellung. Viele sind mit Herz und Seele dabei. Sie alle wollen sich wiederfinden, brauchen Unterstützung, Strukturen, aber auch Freiräume, ohne die ihre kreativen ­Ideen, gerade mit geringen finanziellen Mitteln, nicht umzusetzen wären. Deshalb freue ich mich sehr, dass ein Team gefunden wurde, dass sich kreativ mit neuen Inhalten und deren Finanzierung beschäftigt.

Wir haben eine Zukunft
Interessant ist, dass es beim Kulturring vor allem im Jahr der zahlreichen pandemiebedingten Einschränkungen viel inhaltlichen Aufbruch gibt. Besonders freue ich mich, dass es wieder jüngere Menschen gibt, die sich in Projekten einfinden und unbedingt bei uns arbeiten möchten. Spannend ist, wie schnell sie sich in Inhalte einarbeiten, in Teams finden, ihre „jungen” Ideen in Veranstaltungen und neuen Konzepten einbringen und in „ihren” sozialen Medien teilen.

Im Senatsprogramm „Solidarisches Grund­einkommen” haben sich in den letzten Monaten 20 Mitarbeiter*innen eingefunden, die bei uns in verschiedenen Einrichtungen mit sehr unterschiedlichen Kompetenzen, im Bereich Theater, Kunst, Organisation und Öffentlichkeitsarbeit zusammenarbeiten werden. In mobilen Teams können sie selbstständig eigene Vorhaben entwickeln, wie zum Beispiel Jugendkunstprojekte, Theaterworkshops, Vermittlungen zu den Themen Literatur und Ausstellungen. Vor allem aber werden sie bereichsübergreifend arbeiten und somit die gute Tradition unserer Themenjahre fortsetzen: ein Miteinander in Ehrenamt, Arbeitsförderung und Bundesfreiwilligendienst in all unseren Standorten. Wir sind übrigens noch auf der Suche nach einem konkreten Jahresthema für 2021 und freuen uns auf Vorschläge. Die Zukunft des Kulturrings bleibt ein spannender Weg.

Archiv