Das Miteinander macht’s | Neue Impulse – Zusammenhalt stärken

Ingo Knechtel

„Miteinander in der Ferne“ oder „Miteinander im Netz“ – so könnte man das im Titel Gesagte ergänzen oder relativieren. Und dennoch wollte es sich der Kulturring in ­Berlin e. V. nicht nehmen lassen, auch 2020 eine Jahresversammlung der Mitglieder durchzuführen. Natürlich verlief am 7. Dezember alles anders als sonst. Online traten die Vorständler und der Geschäftsführer vor die Mitglieder. Der Verein hat in aller Kürze ein Live-Streaming ermöglicht. Und das klappte ziemlich perfekt! Zu den Berichten später ein paar Worte, eine echte Diskussion darüber scheiterte allerdings an den Umständen. Ein abwechslungsreiches Video war zu sehen, es ließ keine Möglichkeit des Luftholens oder Nachdenkens, es war kurz, prägnant und eine sehr gute Illustration des Gesagten. Gratulation an das engagierte Team! Nicht erst die Pandemie hat hier einen merklichen Fortschritt gebracht. Natürlich gab es Homeoffice – wenn auch nicht so verbreitet – auch schon davor. Auch mit Videoprojekten ist der Verein bereits seit langem in Erscheinung getreten. Doch nunmehr gab es einen neuen Schub: Ausstellungen wurden 2020 digital auf der Webseite präsentiert. Fast 100 Videoclips – allesamt immer noch abrufbar – geben in jeweils 60 Sekunden ein illustres Bild des Vereinslebens. Und das von Alexandra von der Heyde professionell in Szene Gesetzte war auch an diesem Nachmittag eine willkommene optische Abwechslung zu den eher nüchternen Berichten des Vorstandsvorsitzenden Lutz Wunder und des Geschäftsführers Armin Hottmann, die mit ihren Worten und Präsentationen weitere wichtige Akzente setzten. Zum einen zogen sie eine Bilanz der Arbeit des Vereins – und zwar eine rundum erfolgreiche. Die Finanzen 2019 endeten mit sehr positiven Zahlen. Das half, das Krisenjahr 2020 zusammen mit den gewährten Unterstützungen gut zu bewältigen. Durch das gesamte Jahr zog sich thematisch das Jubiläum „100 Jahre Groß-Berlin“. Viele beteiligten sich: Die Schreibwerkstatt Friedrichsfelde veröffentlichte Erinnerungen ihrer Mitglieder, die zum Teil auch in den Kultur News erschienen. Es gab auch einen Aufruf, interessante Texte zum Thema „Wohnen in Berlin“ einzureichen. Der Color-Club Treptow gestaltete eine Fotoschau, die im Kulturbund in der Ernststraße noch bis Februar 2021 zu sehen ist. Die Geschichtsfreunde Karlshorst erstellten mit Mila Hacke eine Online-Tour zum Architektur-Erbe, speziell zu den Orten der sowjetischen Besatzungsmacht in Karlshorst. Eine Aufsehen erregende, aufwändige Publikation des Kulturring-Mitglieds Wolfgang May zur Geschichte des Filmstandorts Johannisthal ist erschienen und inzwischen ausverkauft. Und schließlich konnte erstmals ein Wandbild in Berlin erfolgreich restauriert werden. Dank der Nicaragua-Wandbild-Initiative im Kulturring wurde das seit 1985 existierende Mural „Nicaraguanisches Dorf – Monimbó 1978“ von Manuel Garcia Moia, Nationalpreisträger Nicaraguas, nahe des Bahnhofs Lichtenberg mit vielen Spenden aus der Bevölkerung, mit Mitteln der Lotto-Stiftung und der öffentlichen Hand gerettet. Zahlreiche weitere Projekte des Vereins fanden in den Beiträgen zur Mitgliederversammlung Erwähnung: Ganz große, wie die Lange Nacht der Bilder in Lichtenberg und die Forschungsarbeiten der AG Rosa Winkel, oder kleine und feine, wie die täglichen Mühen in den acht Medienpoints des Vereins, der Beginn der Kooperation mit der WG Wuhletal im Maxie-Treff in Hellersdorf oder die ­Medien- und Betreuungsarbeit unseres Mitglieds Ingrid Landmesser im Pflegeheim St. Elisabeth-Stift im Prenzlauer Berg. Wie immer ist es schwer, alle Projekte und Initiativen ausreichend zu würdigen. Inzwischen gibt es, so der Vorsitzende Lutz Wunder, rund 200 eingeschriebene Mitglieder im Verein, die sich u. a. in 24 Gruppen und  Mitgliedsvereinen auf den verschiedensten Gebieten engagieren. Ziel der Arbeit ist es, sie „stärker in ein gemeinsames Vereinsleben einzubinden, die gegenseitig vorhandenen Potenziale für eine inhaltliche Mitwirkung am Vereinsleben und dessen Stärkung sowie die Ausstrahlung des Vereins in die kommunale Gesellschafts­ebene sichtbarer zu machen und zu nutzen“, sagte Wunder.

Auch Geschäftsführer Armin Hottmann sieht im Team-Spirit einen großen Effekt. Er betonte, wie wichtig für gemeinsames Handeln die Unterstützung seitens der Poltik ist. So habe der Verein durch das in Berlin neu eingeführte Instrument des Solidarischen Grundeinkommens (SGE) 20 hochmotivierte neue Mitstreiter für die Projektarbeit bekommen. Es sei auch weiterhin wichtig, ihnen sowie zahlreichen jungen Menschen, die wieder verstärkt im Verein ankommen, Möglichkeiten der kreativen Betätigung zu bieten. Da schloss sich der Kreis mit den Vorstandsgedanken: Thematisches Ziel für den Kulturring 2021 soll es sein, mit seinen Vorhaben ein Miteinander der Generationen zu fördern. Stichworte dafür sind eine intensivere Beschäftigung mit unserem humanistischen Erbe sowie eine Vernetzung auf allen Ebenen mit dem Ziel, jungen Leuten mehr Verantwortung für Projekte zu geben, von ihren Ideen und ihrem unbekümmerten Schwung zu profitieren sowie die Erfahrungen und das Wissen der älteren Mitstreiter hierbei respektvoll zu nutzen. Damit ist der Verein ja schon auf einem guten Weg zu einer angestrebten Vision für sein Wirken. Es bleibt zu hoffen, dass das Bild der „offenen Türen“ schon bald wieder für alle nicht nur virtuell oder als Titelseite, sondern auch im wirklichen Leben zu persönlichen Kontakten und zum Miteinander im Kulturring einlädt.

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