Kein Verein ohne Vorstand, kein Vorstand ohne...

Hannelore Sigbjoernsen

Oder: Vom Einfachen, das schrecklich schwer sein kann.

Vor x Jahren gab es in der Berliner Zeitung eine Karikatur des DDR-weit bekannten Zeichners Gerhard Vontra (1920-2010): Zwei Figuren stehen an einem Biertisch. Text dazu: „Das Leben kann so schön schwer sein, man muss es nur wollen.“

Von Januar 1995 bis Juli 2002 gehörte ich zu jenen Vorstandsmitgliedern des Kulturring in Berlin e.V., die (fast) seit seiner Gründung in diesem Gremium dabei waren. Von September 2002 bis 2007 war ich im Verein angestellt, ab 2005 als Projektkoordinatorin. Ich habe diese Arbeit geliebt. Und ich habe mich danach, im Herbst 2007, bewusst wieder in den Vereinsvorstand wählen lassen, weil der Verein unter der Geschäftsführung von Ingo Knechtel und seiner Finanzabteilung unter Tamara Fischer eine großartige Arbeit leistet. Jahr für Jahr – oder noch kürzer in den Abständen der politisch motivierten Arbeitsmarktpolitik – stellen sie und die mit ihnen arbeitenden Projektkoordinatoren sich darauf ein, Anträge für „arbeitsmarktpolitisch relevante Maßnahmen“ zu formulieren: Sie schreiben, sie planen, sie rechnen, sie kalkulieren. Sie retten Kulturobjekte wie die Fotogalerie in Friedrichshain, das Kulturforum Hellersdorf oder Medienpoints wie z. B. in Pankow vor der Schließung. Sie überlegen, wann der Verein sich manche Objektmiete noch leisten kann, wann aber auch gekündigt werden muss, wenn nichts mehr geht.

Wie viele Mitbürger, die auf dem ersten Arbeitsmarkt seit 1990 keine Chance hatten, aber im Kulturring eine Beschäftigung fanden – diese Zahl kenne ich nicht. Ich weiß nur, dass nicht wenig Mitarbeiter aus dem Projektbereich Nord wieder in Vollbeschäftigung sind.

Ein Verein braucht einen Vorstand, weil er sonst laut Vereinsgesetz keine Existenzberechtigung hat. Die Krux: Ein Vereinsvorstand trägt in einem Verein wie dem Kulturring in Berlin e. V., der Beschäftigungsmaßnahmen durchführt, ein Maß an Verantwortung, das zu durchschauen für Ehrenamtliche wie die Vorstandsmitglieder nun einmal sind, fast unmöglich ist. Natürlich kann man dabei das Leben schwer nehmen, kann man sich mit vereinsrechtlichen Verfahrensfragen fast strangulieren. Aber, man sollte auch in die seit Jahren geleistete Arbeit vertrauen können. In jeder Ehe, wie man so eine Vorstandsmitgliedschaft durchaus betrachten sollte, hilft nur: Vertrauen, Vertrauen, Vertrauen – und noch einmal Vertrauen! Wer das nicht hat, sollte sich in keinen Vereinsvorstand wählen lassen. Wer aber helfen will, einem Verein wie dem Kulturring in Berlin e.V. eine Zukunft zu sichern...

Ende November 2017 ist ein neuer Vorstand zu wählen. Ich trete wieder an und freue mich, wenn viele Vereinsmitglieder dabei sind.

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