Marilynk | Ausstellung des italienischen Kunstvereins L’Artificio aus Reggio Emilia

Gerhard Metzschker

Die seit 22 Jahren bestehende Städtepartnerschaft zwischen Treptow-Köpenick und Albinea in Italien, getragen von den kommunalen Verwaltungen, bietet eine hervorragende Basis, künstlerische Arbeiten der in diesen beiden Bezirken ansässigen Vereine wechselseitig auszustellen. Die Fotografen vom Kunstverein in Reggio Emilia (RE) und ihr Partner, der Colorclub Berlin-Treptow als Gruppe im Kulturring in Berlin e. V., haben dieses Angebot zum Austausch schon vor Jahren angenommen und profitierten vom „­Fotoblick“ des jeweils Anderen.

Im September wurde nun im Kulturzentrum Ratz-Fatz in Schöneweide eine Exposition mit dem Titel „Marilynk“ vorgestellt, fünfzehn Künstler aus RE zeigten vorrangig Fotos, aber auch Grafiken, Malerei und eine Installation zu einem unerwarteten Thema, dessen Mittelpunkt die Filmschauspielerin Marilyn Monroe mit ihren unübersichtlichen und sentimentalen Beziehungen zu den Ikonen der Kultur und Politik in den USA bildet. ­Treptow-Köpenicks Bezirksbürgermeister Oliver Igel und Lutz Wunder vom Vorstand des Kulturrings würdigten in ihren Ansprachen unter anderem die langjährige, verdienstvolle Arbeit der künstlerischen Leiter beider Gruppen.

Diesem Ereignis vorangegangen waren bereits seit 2008 intensive Kontakte ­zwischen dem Kunstverein und dem Colorclub Berlin-Treptow (CCB). Mit zwei wechselseitigen Fotoausstellungen gab es damals schon fotografische Höhepunkte: Die Italiener präsentierten erstmals im Rathaus Köpenick anlässlich des „14. Fotoklub Forum Berlin“, einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Gesellschaft für Fotografie e. V., eine Fotokollektion im Beisein des Bürgermeisters, und der CCB stellte anschließend seine 120 Bilder umfassende Kollektion im alten Gemäuer ­Mauriziano in RE aus, ebenfalls begrüßt von den Offiziellen aus Politik und Kultur der Stadt. Es war offenkundig, dass beide Seiten den Veranstaltungen eine hochrangige Beachtung schenkten. In der Folgezeit bereiteten sie sich erwartungsgemäß auf weitere Treffs vor. Der CCB wurde nun zum „Monat der Europäischen Fotografie“ in Italien eingeladen, als Besonderheit gilt hier die verbindliche Vorgabe eines gemeinsamen Themas. Die Kollektion 2011 in Albinea bediente das Thema „strukturelle Gestaltungsräume“, und 2012 wurden Fotos zu „Platz für Menschen – ­Agora“ im bekannten Kloster in Luzzara sowie anschließend in weiteren Orten der Umgebung gezeigt. Den vorläufigen Schlusspunkt setzte der CCB nach einer schöpferischen Pause 2018 in einer stadtzentralen Galerie in RE mit Porträts und Actionfotos aus der internationalen Jazz-Szene unter dem Titel „Moments of Jazz“. Diese Kollektion wurde dann wegen erheblichen Aufsehens zum Fotoklub nach Parma weitergereicht. Die Italiener waren 2010 mit dem Thema „Metaphysik“ sowie 2013 mit Bildern zu freien Themen anlässlich des 50-jährigen CCB-Jubiläums jeweils im Rathaus Köpenick vertreten, wiederum gemeinsam mit dem Bürgermeister, ebenso stets begleitet von Vereinsmitgliedern, ihrem Leiter Enzo Zanni und vielen Besuchern.

Zurück zur aktuellen Ausstellung: Die Lebensdaten von Marilyn ­Monroe (1926-1962) boten nun keinen erkennbaren Anlass, eine zu beachtende und bereits im Monat der Europäischen Fotografie 2019 platzierte Ausstellung vorzustellen. In Berlin wurde jetzt bekannt, dass die Lektüre eines kürzlich in Italien publizierten Textes, der sich mit zwischenmenschlichen Beziehungen auseinandersetzte, die Mitglieder des Kunstvereins zur bildkünstlerischen Umsetzung dieses Themas am Beispiel der Monroe inspirierte. Man ging sogar noch einen Schritt weiter und bezog den tragischen Tod des Liebespaares Romeo und Julia von Shakespeare in Analogie zur Monroe in die Kollektion ein. Die Person Monroe war ein Sexidol und spielte trotz beeindruckender Fotos bildkünstlerisch nie eine Rolle, stattdessen aber umso mehr ihre Erscheinung und Wirkung auf die bürgerliche Gesellschaft. Es darf festgestellt werden, dass sie ausschließlich durch die Fotografie eine Berühmtheit geworden ist.

Alle Bilder der Ausstellung hingen leider ohne begleitende Textkarte und waren auch für erfahrene Fotografen nicht ganz einfach zu lesen, sie erschlossen sich nicht augenblicklich oder aber gar nicht! Erst der Hinweis, an Hand des Künstlernamens die im Katalog (deutsch und englisch) abgelegten Intentionen des Autors zu entdecken, ermöglichte anschließend, in eine andere Beziehung zum Werk zu treten. Jetzt erst offenbarte sich die hohe künstlerische Verdichtung, die fotografische Bildsprache bezüglich Komposition und Abbildungsschärfe verschmolz am Ende mit der Malerei, eine Differenzierung war kaum noch möglich. Für dieses starke, möglicherweise von fotografischen Puristen unterschätzte Angebot sei den italienischen Künstlern besonders herzlich gedankt, öffnen sie doch eine alternative Sichtweise! Ihr Folgethema wird sich mit Leonardo da Vinci befassen.

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