Für das Leben lernen – ein Bildungstag beim BFD

Klaus Matthias Demel

Wer im Bundesfreiwilligendienst (BFD) tätig ist, hat für sich ohnehin entschieden, mit sozialem Engagement an zahlreichen Projekten, die beim BFD möglich sind, mitzuwirken. Dabei bleibt es nicht aus, mit mannigfaltigen Eindrücken konfrontiert zu werden, neue Erfahrungen zu sammeln und die eigene Persönlichkeit weiter zu entwickeln. Darüber hinaus bietet der BFD die Möglichkeit, (kostenfrei) soziale, interkulturelle und politische Kompetenzen zu stärken – am so genannten Bildungstag.

Gleichsam als pädagogische Begleitung angedacht, ist der Bildungstag fester Bestandteil während der Tätigkeit im BFD. Dabei bietet sich die Gelegenheit, auch einmal außerhalb des jeweiligen Einsatzortes mit anderen Freiwilligen Erfahrungen auszutauschen und Eindrücke aufzuarbeiten. Ein nicht unwesentlicher Anteil spielt dabei auch die politische Bildung, hilft diese doch, sich selbstbewusst und verantwortungsvoll am demokratischen Prozess zu beteiligen und allzu schnell gefassten Vorurteilen entgegenzuwirken. Denn Vorurteile resultieren in der Regel aus konsequenter Ignoranz und Unwissenheit.

Zwei Beispiele, wie sinnvoll politische Bildung aufbereitet sein kann, sollen dies verdeutlichen:

Topgraphie des Terrors: Der Name der Dauerausstellung des seit 1987 bestehenden Projekts in Berlin-Kreuzberg zur Dokumentation und Aufbereitung der Willkür und des Terrors der nationalsozialistischen Machtherrschaft von 1933 bis 1945 ist Programm. Am selben Ort (in der ehemaligen Kunstgewerbeschule) auf dem Gelände der Prinz-Albrecht-Straße 8 (jetzt: Niederkirchnerstraße) befand sich die Zentrale der so genannten Geheimen Staatspolizei (GESTAPO). Nicht unweit davon, im Prinz-Albrecht-Palais in der Wilhelmstraße 102 befanden sich weitere Machtapparate des NS-Regimes: der Sicherheitsdienst (SD), die Schutzstaffel (SS) und ab 1939 das Reichssicherheitshauptamt (RSHA). Das neu errichtete Ausstellungsgebäude unweit des Anhalter Bahnhofs gehört zu den staatlichen Museen in Berlin und bietet in einer seit 2010 grundlegend überarbeiteten Fassung einen umfassenden Einblick in die nationalsozialistisch geprägte Weltanschauung.Die zahlreichen Schautafeln in Deutsch und Englisch machen eines deutlich: Wer sich nicht bereitwillig dem System anpasste oder unerwünscht war, bekam die ganze Macht des von Heinrich Himmler verwalteten Polizeiapparates zu spüren. Unliebsame Personen wurden »betreut«, in »Schutzhaft« genommen oder »sonderbehandelt«. Es gibt in der Ausstellung auch Zugriff auf historische Film- und Tondokumente. Einen nicht unwesentlichen Teil der Dokumentation nehmen auch die zahlreichen Opfergruppen und ihre Schicksale in Anspruch.

Es lässt einen schaudern, mit welcher geradezu pedantischen Bürokratie diese Vernichtungsmaschinerie betrieben wurde. Umso verwunderlicher erscheint es, dass nach Kriegsende die wenigsten davon gewusst haben wollten. Für Interessierte gibt es ferner Führungen durch die verschiedenen Themengebiete. Eine umfangreiche Bibliothek bietet die Möglichkeit, sich eingehend zu informieren. Vergangenheitsbewältigung ist nicht immer einfach, aber, was speziell eines der unsäglichsten Kapitel deutscher Geschichte betrifft, unbedingt notwendig.

»Topographie des Terrors« ist eine sinnvolle Ausstellung, die nachdenklich stimmt. Aber genau das ist die Intention. Eine nicht weniger nachdenklich stimmende und bemerkenswerte Art der Vergangenheitsbewältigung ersann der Künstler Gunter Demnig. Sein Projekt „Stolpersteine“

soll die Erinnerung an Menschen wachhalten, die zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Diese Stolpersteine sind in der Regel nicht im Museum zu finden, sondern mittlerweile seit über 20 Jahren fester Bestandteil von Berliner Straßen und Plätzen und werden bisweilen – wenn auch unbeabsichtigt – im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten. Wer sie finden will, findet sie eher zufällig, denn die kleinen Betonquader mit einer Kantenlänge von 10 Zentimeter sind am letzten bekannten Wohnort der Verfolgten in den Gehweg eingelassen. Eine Messingplatte an der Oberfläche erinnert an das Schicksal jener Menschen, denen diese Stolpersteine gewidmet sind: Juden, Menschen die politisch oder religiös motivierten Widerstand leisteten, Sinti und Roma, Opfer der »Euthanasie«, Homosexuelle, vermeintlich »Asoziale«.

Die Ausstellung »Stolpersteine – Gedenken und soziale Skulptur«, zeigt einen Einblick in die interessante Entstehungsgeschichte dieses Projekts von Gunter Demnig, ist Teil der Dokumentation »Topographie des Terrors« und als Sonderausstellung zeitlich begrenzt.

Stiftung Topographie des Terrors, Niederkirchnerstraße 8, 10963 Berlin

www.topographie.de; Öffnungszeiten tägl. 10-20 Uhr; Eintritt frei; für Rollstuhlfahrer barrierefrei.

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