Zeichen setzen

Felix Hawran

Zur Ausstellung „Woher - Wohin?“ – Fotoreportagen zum Thema „Flucht“ in der Fotogalerie Friedrichshain

Der Kulturring engagiert sich seit dem Aufkommen der Flüchtlingskrise für eine erfolgreiche Integration von geflüchteten Menschen in Berlin und bezieht klar Stellung gegen Fremdenfeindlichkeit und Gleichgültigkeit. Zu den bisherigen Vereinsangeboten zählen Deutsch-Intensivkurse, Lochkamera-Workshops mit Jugendlichen sowie die Annäherung an den Arbeitsmarkt über den Bundesfreiwilligendienst.

Einen hohen symbolischen Stellenwert besitzt in doppelter Hinsicht die Zusammenarbeit des Kulturring mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg im Rahmen der Fotoausstellung Woher-Wohin in der Fotogalerie am Helsingforser Platz. Zunächst handelt es sich bei der Fotogalerie um die erste kommunale Galerie des Bezirks Friedrichshain, die aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten im Haushalt der 2000er Jahre abgewickelt wurde und 2002 in die Trägerschaft des Kulturring überging. Woher-Wohin ist nach vielen Jahren wieder eine offizielle Kooperation und fühlt sich an wie ein Neustart, da sich über die Jahre auf beiden Seiten personell einiges geändert hat. Es ist ein Brückenschlag, der die zwei wichtigsten Säulen der Fotografiegeschichte im Bezirk verbindet. Das Photocentrum der Gilberto Bosques Volkshochschule Friedrichshain-Kreuzberg, hervorgegangen aus der von Michael Schmidt in den 1970er Jahren gegründeten Werkstatt für Fotografie in Kreuzberg und die Fotogalerie Friedrichshain als erste Fotogalerie der DDR. Nach wie vor setzen beide Orte den inhaltlichen Schwerpunkt auf engagierte, aussagekräftige Fotografie und verdeutlichen dies in der gemeinsamen Ausstellung.Die facettenreiche Gruppenarbeit zum Thema „Flucht“ stammt von zehn FotografInnen, die gemeinsam den einjährigen Kurs Reportagefotografie unter Leitung von Ann-Christine Jansson am Photozentrum der VHS absolviert haben. Wohin geht, wer Zuflucht sucht? Was bleibt zurück, wenn Menschen Orte verlassen? Wo haben sich die Geschichten Geflüchteter eingeschrieben? Und wie inszenieren sich jene, die keine Fremden wollen? Die TeilnehmerInnen zeigen berührende Momentaufnahmen aus dem Alltag nach Berlin Geflüchteter, Bilder ihrer kühlen, entseelten Massenunterkünfte, aber auch Arbeiten, die eine assoziative Annäherung an das Thema suchen: Leerräume im Berliner Umland erzählen von strukturellen Umbrüchen, eine Kleingartenkolonie von der Sehnsucht nach Geborgenheit. Ein Projekt dokumentiert die Suche nach Stationen der Flucht des eigenen Vaters im Jahr 1945, ein anderes ein rückwärtsgewandtes Kulturfestival ungarischer Nationalisten.

Bei der Ausstellungseröffnung am 12. Januar, zu der etwa 300 Besucher kamen, betonte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann den symbolischen Stellenwert der Ausstellung für die Gesellschaft: Friedrichshain-Kreuzberg gelte als einer der tolerantesten und offensten Bezirke in ganz Deutschland, hierher kämen Menschen ganz bewusst, weil sie sich sicher und willkommen fühlten. Sowohl der Kulturring als auch der Bezirk und die Teilnehmer der Gruppenausstellung setzen mit Woher-Wohin ein Zeichen für mehr Menschlichkeit und Offenheit. So wurde auch das Rahmenprogramm gemeinsam mit Geflüchteten geplant: Ahmad Al Hamidi, Balletttänzer aus Manbidsch in Syrien, der vor dem IS-Terror in seiner Heimatstadt über die Balkanroute flüchtete, tanzte bei der Vernissage unter tosendem Beifall und Hayyan Al-Yousuf, syrischer Fotograf, beteiligte sich an der Podiumsdiskussion „Unsere Bilder von Flucht“ und präsentierte Bilder einer Kriegsregion, die in den Medien kaum Aufmerksamkeit erhält.

Am Freitag, dem 3. Februar findet die Finissage der Ausstellung statt, mit einem Live-Konzert von Circus Radio Show. Darüber hinaus ist der Katalog zur Ausstellung in der Fotogalerie erhältlich.

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