Tradition und Bruch.

Henning Hamann

Umwälzungen, Neuerungen und Kontinuitäten in der Geschichte

Unsere Welt verändert sich ständig, stellt uns vor Neuerungen, fordert uns heraus. Wachsen wir daran oder scheitern wir? Für jeden von uns stellt sich diese Frage im Alltag immer wieder. Die Spannung zwischen Veränderung und Gewohnheit bestimmt sowohl Privates wie Gesellschaft, sie ist von grundlegender Bedeutung und steht daher im Zentrum der diesjährigen Veranstaltungsreihe Kunstkreuz des Kulturring in Berlin e.V. Der MedienPoint Tempelhof in der Werderstraße 13 beteiligt sich daran mit einer Ausstellung, die die historische Dimension des Themas beleuchten soll. Der Kulturring freut sich, dass er dafür als Kuratorin die Historikerin Dr. Ulrike Stutzky gewinnen konnte.

Zu ihrem Projekt sagt sie: „Die Macht der Gewohnheit und die Macht der Veränderung, stehen sie sich feindlich gegenüber oder lassen sie sich harmonisieren? Das ist die Leitfrage dieser Ausstellung, die die historische Dimension des Themas beleuchten soll. ‚Tradition und Bruch, Kontinuität und Diskontinuität müssen gleichermaßen ins Kalkül gezogen werden, wenn es um das materielle wie geistige Erbe geht, das in die deutsche Geschichte eingeflossen ist‘, so formulierte es der Historiker Friedrich Prinz. Diesem Aufruf folgen wir in der Ausstellung im MedienPoint Tempelhof und zeigen in fünf Stationen historische Umbrüche auf“.

Vom Aufstieg des Christentums zur Staatsreligion in der Spätantike bis zum Mauerfall reicht die Bandbreite historischer Themen. Es werden Beispiele einschneidender Veränderungen aufgezeigt, die die gewohnten Lebensumstände der Menschen radikal umwälzten. Die Veränderungen betrafen nicht nur politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Umstände, sie griffen tief in die Mentalität und die Privatheit der Menschen ein. Exemplarisch sei die Biografie des heiligen Paulus genannt, dessen sprichwörtliche Wandlung vom Saulus zum Paulus zum Sinnbild für einen konsequenten Wandel wurde, für die Fähigkeit eines Menschen, Gewohntes hinter sich zu lassen und ganz neue Wege zu betreten. Gleichzeitig ist Paulus auch die Schlüsselfigur bei einem der radikalsten Umbrüche in der europäischen Geschichte, dem Aufstieg des Christentums von einer jüdischen Sekte zur Staatsreligion der spätantiken Welt. Aber bedeutete das mit dem Christentum eingeleitete Ende der Antike und der Beginn des Mittelalters auch das Ende des Römischen Reichs, wie vielerorts behauptet wird? Wie weit veränderte sich der Alltag der einfachen Menschen durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert? Welche Kette von Zusammenbrüchen gewohnter Lebensweisen löste das Attentat von Sarajevo 1914 aus? Diese und viele weitere Umwälzungen und Veränderungen der Geschichte werden hinterfragt. Aber auch vermeidliche Kontinuitäten werden beleuchtet. War Immanuel Kant wirklich jener ‚Gewohnheitsmensch’, der sein Königsberg nie verließ und nach dessen Tagesablauf sich die Königsberger die Uhr stellten?

Niedergang und Aufstieg, Werden und Vergehen, Veränderung und Gewohnheit - diese Schlagwörter lenkten den Lauf der Geschichte in der Kunst, in der Politik, im Alltag der Menschen und im Zeitgeist der Epochen. In zahlreichen Texten, Bildern und Büchern wird diese Entwicklung in der Ausstellung „Tradition und Bruch“ im MedienPoint im der Werderstraße dokumentiert.

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