40 Jahre Studio Bildende Kunst

Antje Mann

Das Studio Bildende Kunst – Werkstattgalerie wird 2016 vierzig Jahre alt. Ein Grund zum Feiern, aber auch zur Rückschau auf vier Jahrzehnte künstlerischen Wirkens einer Vielzahl von Akteuren in seinen geschichtsträchtigen Räumlichkeiten. Zu ungewöhnlich und versteckt wirkt die alte Villa zwischen den Plattenbauten. Dort wo Lichtenberg an Friedrichshain grenzt, inmitten eines ausgedehnten Plattenbaugebietes im Kiez Frankfurter Allee Süd, steht das Haus im modernistischen Stil des Art déco und bildet gemeinsam mit der Mauritiuskirche einen wohltuenden Kontrast zur Umgebung. Die ehemalige Villa Skupin, ein Klinkerbau mit einer in den 1920er Jahren beliebten Art-déco-Stuckierung und Innengestaltung, einstmals im Besitz eines Fleischfabrikanten, steht für eine Tradition, welche bewahrt werden muss, sowohl in baulicher als auch in kultureller Hinsicht. Seit 1976 wird das Gebäude in der John-Sieg-Str. 13 von Kunstschaffenden genutzt. Eröffnet als Teil des Lichtenberger Kulturbundes, sollte das Studio Bildende Kunst die Bevölkerung für künstlerische Aktivitäten sensibilisieren – ein Anspruch, der heute noch genauso gilt.

Eigentlich wurde die damalige kommunale Einrichtung schon 1974 in der Frankfurter Allee 285 gegründet. Doch die Arbeits- und Ausstellungsmöglichkeiten in den beiden Räumen im Hinterhof eines Mietshauses waren so beengt, dass schon zwei Jahre später der Umzug in die deutlich repräsentativere Villa erfolgte. Dort entstanden bald durch große Eigeninitiative Mal- und Zeichenzirkel, mehrere Kurse für Druckgrafik sowie Keramik und Töpferzirkel. Aus Privatbesitz wurde eine Litho-Presse beigesteuert, denn der Zulauf war groß, die finanziellen Mittel dagegen gering – auch dies eine Parallele, die sich bis in die Gegenwart erstreckt. In Zusammenarbeit mit dem Berliner Haus für Kulturarbeit konnten berufsvorbereitende Intensivkurse absolviert werden. Auch dieser Tradition fühlt sich das Studio Bildende Kunst bis heute verpflichtet mit Kursen für angehende Studierende von Kunsthochschulen. Abgesehen von einer Zwangspause in den Jahren 1979/80 wegen dringend notwendiger Sanierungsarbeiten innerhalb des 1925/26 errichteten Hauses, fanden die Kurse regen Zulauf und auch die Ausstellungen (z.B. Hochdrucktechnik), Lesungen (u. a. Renate Holland-Moritz, Eva Strittmatter) und Feste wurden gut besucht. Besonders dem Schwerpunkt Grafik wurde von Beginn an hohe Aufmerksamkeit gewidmet. Es spricht für die Qualität dieser Kurse, wenn ehemalige TeilnehmerInnen ihre Ausstellungen in der alten Villa präsentieren.Das Überleben kultureller Einrichtungen ist nicht selten dem Engagement von Ehrenamtlichen und MitarbeiterInnen zu verdanken. Auf diese Weise überstand auch das Studio Bildende Kunst eine Reihe von Krisensituationen. Die Galerie wurde im Jahre 1991 Sitz von INVENTOR e.V., einem Verein der Berliner Grafikfreunde. Zwölf Jahre später drohte wegen fehlender Haushaltsmittel die Schließung der kommunalen Galerie, 2004 wurde ein freier Träger für die Einrichtung gesucht und mit dem Kulturring in Berlin e.V. gefunden. Dass das Studio Bildende Kunst seither durch alle finanzpolitischen Belastungen hindurch bestehen konnte, ist dem Miteinander vieler Künstler, Kulturschaffender, einem breiten, kulturell engagierten Publikum und nicht zuletzt dem Kulturring zu verdanken. Der Verein ist seit der Übernahme dieser ehemals kommunalen Kultureinrichtung über Jahre bemüht gewesen, alle Finanzierungsmöglichkeiten zu nutzen, um letztendlich auch die Umsetzung des BVV-Beschlusses zum Erhalt des Studios mit allen seinen kulturellen Angeboten für die im Wohngebiet Lebenden weiterhin zu gewährleisten. Die im Haus seit Jahren wirkenden KünstlerInnen des Graphik-Collegiums um den Maler und Grafiker sowie Kursleiter Stefan Friedemann unterstützen diese Bemühungen mit Rat und Tat. Im Jahr 2015 gründeten die agilen KünstlerInnen den Verein Graphik-Collegium e.V.

Gemeinsam sind die Vereine bemüht, den Charakter der Werkstattgalerie weiterhin mit Qualität zu erhalten, damit in den regelmäßig wechselnden Ausstellungen neben Zeichnungen und Tiefdruckgrafiken, Lithographien, Papiercollagen, Monotypien und Kupferstichen auch Skizzen und Entwürfe gezeigt werden können. Seit 2006 gibt es zudem eine Kooperation mit der Griffelkunst Vereinigung Hamburg e.V., welche deutschlandweit Objekte insbesondere der Grafik-Kunst präsentiert und durch einen großen Kreis an Mitgliedern sich der nichtkommerziellen Förderung der Bildenden Kunst widmet.

Neben dem Ausstellungsbetrieb gibt es in der Galerie bereits von Beginn an die Möglichkeit, unter professioneller Anleitung stattfindende Kurse in verschiedenen Techniken zu belegen. Die Villa Skupin bietet für die künstlerische Inspiration der Kursteilnehmer ein passendes Ambiente. Diese einzigartige Form der Kunstvermittlung zeichnet sich durch eine langjährige Kontinuität und Qualität der Kurse und ein vielseitiges Werkstattangebot aus. Druckgrafik, Aquarell, Aktzeichnen, Ölmalerei und vieles andere gehört zum Repertoire. Unter den Teilnehmenden der Kurse sind Frauen und Männer aller Altersgruppen, Berufstätige wie Erwerbslose, Kita-Kinder, Schüler_innen und Student_innen, Angehörige unterschiedlichster Berufe, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Handicaps. Sowohl Geübte als auch Anfänger ohne Erfahrungen finden hier ihr Refugium. Weiterhin umfasst das Angebot des Hauses kulturelle Veranstaltungen, wie Vorträge und Gesprächsrunden zu verschiedenen Themen der bildenden Kunst. So werden beim monatlichen „Galeriefrühstück“ Werke bekannter bildender Künstler der Alten Meister, der Moderne oder auch zeitgenössische Künstler mit ihren Werken vorgestellt. Die „Geschichte(n) im Studio“ widmen sich einmal monatlich regionalgeschichtlichen Themen. Die Veranstaltungen finden ein interessiertes Publikum, das neben den Themen der Veranstaltungen und den dargebotenen künstlerischen Leistungen der Maler / Grafiker, Autoren, Musiker etc. das Ambiente des Veranstaltungsortes zu schätzen wissen.

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