Medienecho auf eine Ausstellung

I.K.

Die Ausstellung „Fotoclub Forum Berlin 2016“ der Gesellschaft für Fotografie e.V. im März/April fand ein ungewohnt großes Presseecho. Auch deshalb haben wir auf unseren Mittelseiten den Beitrag vorgestellt, den der Color-Club Berlin Treptow (CCB) im Kulturring in Berlin e.V. dazu eingebracht hat. Denn all jene, die nicht im Rathaus Köpenick waren, könnten zu dem Schluss kommen, hier ging es nur um Aktfotografie. Und natürlich gehört es auch zur ausgewogenen Berichterstattung, dieses spezielle Medienecho hier widerzuspiegeln. Nachdem auf Weisung der Kulturoberen im Rathaus zwei Aktbilder aus der bereits laufenden Ausstellung entfernt worden waren, schlugen die Wellen hoch. Aus Solidarität hatten die CCB-Mitglieder gegen diese Zensur protestiert und ihren kompletten Beitrag abgehängt.

Die Berliner Abendschau des rbb berichtete am 20. April ausführlich und interviewte den Clubleiter Gerhard Metzschker. Der betroffene Fotograf, Clubmitglied Wolfgang Hiob, hatte sich in einer Erklärung besonders enttäuscht gezeigt und zitierte Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD), der nach einem ähnlichen Vorfall in der Vergangenheit am 2.8.11 in aller Öffentlichkeit verkündet hatte: „Fotoausstellungen gehören seit zwei Jahrzehnten zur Tradition im Rathaus Köpenick, darunter auch Aktfotos. Das soll auch in Zukunft so bleiben.“ Es blieb nicht so, wie sich herausstellte. Wolfgang Hiob dazu: „Ich frage mich: ist man in diesem Rathaus eigentlich nicht lernfähig? Will man sich erneut in der Öffentlichkeit lächerlich machen? Es scheint so.“

Die Tageszeitungen widmeten sich ohne großes Zögern dem Thema; hier nur einige Schlagzeilen:

Kurier (20.4.): „Der Akt-Skandal von Köpenick: Rathaus schmeißt diese Nackten raus“

Die Welt (22.4.): „Rathaus entfernt Bilder, um ‚keine Gefühle zu verletzen‘„

BZ (20.4.): „‚Religiöse Gefühle nicht verletzen‘ - Rathaus Köpenick verbannt Aktfotos von den Wänden“; „Große Empörung über die Zensur vom Flur“

Morgenpost (20.4.): „Debatte um Kunstfreiheit: Rathaus Köpenick hängt Aktfotos aus Angst vor Beschwerden ab“

Tagesspiegel (22.4.): „Streit um Kunstfreiheit: Rathaus Köpenick hängt Nacktfotos ab - Der Bezirk hatte versprochen, auf jedwede Zensur zu verzichten“. Online folgt eine Debatte mit über 40 Beiträgen, darunter: „So hilft man Muslimen nicht, sondern schadet ihnen - und zwar massiv.“ (feihung)

Frankfurter Rundschau online: „Die gefährlichen Aktfotos von Köpenick“

Die Berliner Zeitung widmet am 26.4. dem Thema eine Titel-Story und fragt unter „Nackt in Berlin“: „Was darf Kunst im öffentlichen Raum? Im Rathaus Köpenick werden Aktfotos entfernt, weil sie angeblich Muslime schockieren könnten. Dabei ist Berlin voller Nackter.“ Im Innenteil werden auf einer ganzen Seite zahlreiche Beispiele dazu präsentiert. Es folgten weitere Kolumnen am 27. und 30. April sowie sechs veröffentlichte Lesermeinungen („Es geht um Anstand und Moral“, „Unverbesserliche Verbohrtheit“, „Untertanengeist und Unfähigkeit“, „Vorauseilender Gehorsam“, „Ein Sündenbock ist schon gefunden“, „Umgangston auf dem Amt verletzt mehr als ein Aktbild“).

Eine Meinung dazu äußerte auch Senatorin Dilek Kolat (SPD): „Das ist falsch verstandene Rücksichtnahme und ein falsches Verständnis von Integration. Die Kunstfreiheit beinhaltet auch die Freiheit ein Aktbild zu zeigen.“ (BM, 20.4.16). Dem ist nichts hinzuzufügen.

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