Sebastian Bieniek: „Die Traurigkeit der Elefanten“

Urszula Usakowska-Wolff

Sebastian Bieniek ist ein Meister der Täuschung und des subversiven Humors. Er stellt unsere Sehgewohnheiten infrage, indem er die Wirklichkeit defragmentiert, das Bekannte verfremdet und es in einem neuen, überraschenden Kontext zeigt. Auch in Fotografien aus den Serien »Coupleations«, »Interventions«, »Undivided Divided« und »Bodyscapes«, die zum ersten Mal in einer Galerie präsentiert werden, spielt der Künstler mit der Wahrnehmung, mit gesellschaftlichen Konventionen, Geschlechterrollen und tradierten Vorstellungen.

Wie kein anderer beherrscht Sebastian Bieniek die Kunst der Kommunikation: Seine Fangemeinde auf Facebook, Instagram und Tumblr zählt hunderttausende Leute. Der 1974 in einem Dorf bei Opole (Polen) geborene Maler, Performer, Filmemacher und Fotograf zog 1989 nach Niedersachsen, studierte Freie Kunst an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig und dann an der Universität der Künste Berlin, wo er 2002 bei Katharina Sieverding einen Abschluss als Meisterschüler machte. Danach absolvierte er ein Regiestudium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Seine Fotoserie »Doublefaced« machte ihn international bekannt.

Der Mensch, wie ihn Sebastian Bieniek auf seinen Fotografien darstellt, ist häufig hybrid. Janusköpfig sind die Porträts seiner Protagonisten und Protagonistinnen, er inszeniert sie in unbequemen Posen, mit seltsam verrenkten Gliedern, er setzt einem Gesicht ein anders Gesicht oder eine Fratze auf. Was ist echt und was ist fiktiv? Was ist die Maske und was ist das Gesicht? Das sind nur einige Fragen, die sich beim Betrachten von Sebastian Bienieks Fotografien stellen. Das Gewöhnliche wirkt ungewöhnlich, das Vertraute und Harmlose unheimlich und bedrohlich.

Sebastian Bieniek ist einer, der sein Publikum gern verwirrt. Deshalb nennt er seine Ausstellung in der Fotogalerie Friedrichshain »Die Traurigkeit der Elefanten«. Was hat dieser Titel mit dem Gezeigten zu tun? Nichts oder doch etwas? Bei Bieniek kann man nie sicher sein. Auch das macht den Reiz seiner Kunst aus.

Am 21. April können alle Bieniek-Fans in der Fotogalerie – ergänzend zur Ausstellung – den Dokumentarfilmer Bieniek kennen lernen. Präsentiert wird um 19 Uhr der 2003 entstandene Film „Nix mit Schuhen“, eine filmische Reise von Berlin über Polen, Litauen, Lettland, Russland nach Finnland. Es wird von den Begegnungen mit den Menschen, die auf dieser Reise getroffen wurden, erzählt und vom Mythos der Reise als Selbstfindungsinstrument. Die Finissage der Ausstellung ist am Freitag, dem 6. Mai, 19 Uhr. Sie sind herzlich eingeladen.

Ausstellung noch bis 06.05.2016, Fotogalerie Friedrichshain, Helsingforser Platz 1, 10243 Berlin, Di-Sa 14 bis 18 Uhr, Do–10 bis 20 Uhr, Eintritt frei, facebook/fotogaleriefriedrichshain

Archiv