Kunstkreuz 2015: „Genug ist nicht genug?“

Michaela Kirschning

In diesem Jahr präsentiert das Kunstkreuz unter dem Motto „Genug ist nicht genug?“ einen Kulturmonat, der sich dem aktuellen Thema „Bedürfnisse und Ressourcen“ widmet. Den ganzen Oktober lang können sich Kulturinteressierte auf eine berlinweite Entdeckungsreise begeben und erforschen, wie Kulturschaffende die gegenwärtigen gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen wahrnehmen, und wie sie sich dazu im Rahmen ihrer künstlerischen Arbeit positionieren. Das vielseitige Programm beinhaltet Ausstellungen, Installationen, Filme, Lesungen, Vorträge, Konzerte und Workshops. Zahlreiche Veranstaltungen wurden vom Kulturring eigens für den Kulturmonat entwickelt, hinzu kommt eine Auswahl interessanter kultureller Angebote anderer Institutionen.

Bei der Eröffnungsveranstaltung am 2. Oktober in der Fotogalerie Friedrichshain erwartet die Besucher_innen neben der Ausstellung „Small Business“ des Fotografen Horst Hahn eine außergewöhnliche Modenschau der Jungdesignerinnen Sema Gedik und Hannah Schorch, die - jede auf ihre Art - Kleidung mit „sozialem Bewusstsein“ gestalten. Im Anschluss an die Performance, die musikalisch von einer 11-köpfigen Frauen-Trommelgruppe begleitet wird, geben die Designerinnen Einblicke in ihre Philosophie und Arbeitsweise. Als weitere Auftaktveranstaltung findet am 3. Oktober ab 15 Uhr im Studio Bildende Kunst in Lichtenberg ein Hoffest mit Kunstmarkt statt. Monika Berstis bereichert das Gelände um das Studio mit einer Installation, in welcher sie Abfall zu Anmutigem erwachsen lässt. Elke Melzer zeigt eine nachdenkliche Arbeit über den Umgang mit Natur aus Naturmaterialien. In den Abendstunden lockt ein Lichterlabyrinth von und mit Christiane Hochbaum. Und das sind nur einige Blitzlichter auf das umfangreiche Programm im Studio Bildende Kunst.

Themenfelder wie Kaufverhalten, Körperkultur, Geschenke, „Sein durch Haben“, Geschwindigkeit und Sorgfaltsplicht adressieren den Umgang mit materiellem Verlangen und sind Gegenstand der künstlerischen Auseinandersetzung der Künstlergruppe Group Global 3000. Im Kulturmonat organisiert Group Global 3000 eine Präsentation, die sich kritisch mit dem Thema Automobil befasst. „Wohnungsfrage“ lautet der vielsagende Titel einer Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt. In dem Projekt geht es um die spannungsgeladene Beziehung von Architektur, Wohnungsbau und sozialer Realität: Im Mittelpunkt steht Architektur als soziokulturelle Praxis, die im Austausch zwischen Nutzer_innen und Planer_innen entsteht.Auch in diesem Jahr möchte das Kunstkreuz dazu anregen, mit Kulturschaffenden vor Ort ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und zu diskutieren. So zum Beispiel bei einer geführten Fahrradtour über das Tempelhofer Feld mit den Themenschwerpunkten Urban Gardening, Kunst im öffentlichen Raum, Bürgerbeteiligung und Zukunft der Stadt.

Für Filmliebhaber_innen empfiehlt sich das Kurzfilmprogramm „Les bêtes sauvages“, das im Rahmen der Ausstellung WELCOME TO THE JUNGLE im KW Institute for Contemporary Art präsentiert wird. Die Filmreihe untersucht utopische und dystopische Umstände, unter denen Mensch und Tier einander begegnen und lädt dazu ein, unser Verhältnis zur Natur zu reflektieren. Im Hinblick auf das Thema "Bedürfnisse und Ressourcen" ist eine entscheidende Frage, wo wir uns als Menschen gegenwärtig in unserem Verhältnis zur Natur verorten.

Der vielseitige Einsatz „Effektiver Mikroorganismen“ ist Gegenstand eines Vortrags mit anschließender Diskussion im EM-Keramik Atelier von Margot Heimbuchner, die EM schon seit langem bei der Herstellung ihrer Keramik verwendet. Die Mikroorganismen wirken regenerativ und stärken die Lebenskraft und Gesundheit. Sie wurden von dem japanischen Agrarwissenschaftler und Hochschullehrer Prof. Dr. Teruo Higa entdeckt und finden seit 1982 international Verwendung.

Zwar ist der Umgang mit knapper werdenden materiellen Ressourcen ein zentraler Aspekt des diesjährigen Kulturmonats, doch geht es auch um die Entdeckung bislang ungenutzter oder nicht voll ausgeschöpfter Potenziale immaterieller Natur. Dass Menschen mit Behinderung spezielle Bedürfnisse haben, liegt auf der Hand. Dass sie aber auch über Ressourcen verfügen, die eine Bereicherung für die Gesellschaft bedeuten, wird häufig erst im Rahmen eines direkten Austauschs bewusst. Bei der Veranstaltung „vidusign - kreatives Video zur Inklusion und Entfaltung von jungen Gehörlosen“ werden in der Deutschen Kinemathek am 23. Oktober die spannendsten Videos und Videoformate präsentiert, die in zwei Projektjahren europaweit entstanden sind, sowie Arbeiten von gehörlosen Künstlern. Dabei gibt es auch die Gelegenheit zum Netzwerken mit Kreativen und Bildungsexperten aus Berlin, Deutschland und Europa.

Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel und viele Bereiche des Lebens erfordern ein Um-denken und einen kreativen, lösungsorientierten Umgang, zu dem jeder Einzelne beitragen kann. Der Kulturmonat will zum Nachdenken und Mitwirken einladen. Ob Architektur und Städteplanung, Umwelt und Ernährung, Bildung, Kunst, die Neustrukturierung der Arbeitswelt, Inklusion oder Integration von Flüchtlingen – die Möglichkeiten, mit den verschiedenen Themenbereichen in Berührung zu kommen, sind vielfältig. Wir freuen uns, Sie auf eine Reise zu schicken, die Ihnen hoffentlich reichlich Inspirationen beschert.

Den Veranstaltungskalender und Informationen zu allen Veranstaltungen finden Sie auf der Homepage: www.kunstkreuz.org, ein gedrucktes Programm liegt diesen KulturNews bei bzw. erhalten Sie in allen Medienpoints und anderen Einrichtungen des Kulturring in Berlin e.V. sowie den jeweiligen Veranstaltungsorten.

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