Es geschah vor 70 Jahren,

Bernd Grünheid & Bernhard Korte

und die Ereignisse, die damit verbundenen Schicksale sind unvergessen. Der 24. April war in diesem Jahr für das Forschungsprojekt „Rosa Winkel“ und die an diesem Thema arbeitenden Teammitglieder ein ganz besonderes Datum. Sie wurden eingeladen, an diesem geschichtsträchtigen, sonnigen Freitag bei einer Gedenkstunde vor dem Polizeiabschnitt 21 in der der Spandauer Moritzstraße dabei zu sein. Doch wie kam es dazu?

Vor etwas mehr als vier Jahren forschte das damalige Spandauer Projektteam „Rosa Winkel“ in den Strafverfolgungsakten des Landesarchivs Berlin nach dem Schicksal des Neuköllner Polizeibeamten Otto Jordan, der zur Zeit der Nazidiktatur unter dem Verdacht stand, homosexuell zu sein. Dieser unbescholtene Polizist wurde nur wenige Tage vor der Kapitulation Hitlerdeutschlands, noch am 24. April 1945, in das Spandauer Polizeigefängnis Moritzstraße verbracht und in dem nahen Polizeibarackenlager in der Pionierstraße per Genickschuss, ohne vorhergehende Verurteilung, ermordet. Mit ihm zusammen wurden zwei weitere der Homosexualität verdächtigte Kollegen sowie ein durch ein SS-Gericht wegen des § 175 nach geheimem Führerbefehl zum Tode verurteilter Polizist auf die gleiche Weise hingerichtet und verscharrt.

Die Täter waren Beamte des Polizeigefängnisses Moritzstraße unter der Leitung des damaligen Polizeimeisters Wandelt. Als die Morde nach Kriegsende durch Initiative der Witwe Otto Jordans öffentlich wurden, verurteilte das Gericht den für die Erschießung verantwortlichen Täter zu 10 Jahren Zuchthaus wegen des Verbrechens gegen die Menschlichkeit und des politisch motivierten Mordes. Nach nur fünf Jahren wurde dieser Mörder schon auf Bewährung in die Freiheit entlassen. Alle Anträge der Witwe des Ermordeten Otto Jordans auf Anerkennung als NS-Opfer wurden abgelehnt, sie erhielt keinerlei Entschädigung für die Ungerechtigkeit und den Verlust.

Die erfolgreichen Recherchen des Projektes führten 2011 zur Enthüllung und feierlichen Einweihung einer Gedenktafel am Eingang des Polizeiabschnitts 21 in Moritzstraße. Damals im Amt befindliche hochrangige Berliner Politiker, Innensenator Dr. Ehrhart Körting, Polizeipräsident Dieter Glietsch und Bezirksbürgermeister Konrad Birkholz, sowie der Vorstandsvorsitzende des Kulturrings Dr. Gerhard Schewe waren gekommen, um die Opfer dieser Schandtat zu ehren.Am 24. April 2015, nunmehr 70 Jahre nach der Ermordung der vier Polizisten, bedankten sich Margarete Koppers, die heutige Polizeivizepräsidentin, und Marco Klingberg, der stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbandes lesbischer und schwuler Polizeibeamter, im Rahmen dieser Gedenkstunde in ihren Reden noch einmal für die erfolgreiche Arbeit des Forschungsteams und für die Initiierung der Gedenktafel durch den Kulturring in Berlin e.V.. Beide Redner sehen das Gedenken zugleich auch als Mahnung angesichts der aktuellen Situation von Schwulen und Lesben in unserer Gesellschaft. Die heutige Polizei ist sich ihrer schlimmen Vergangenheit bewusst und sieht sich deshalb in der Pflicht, Ausgrenzungen und Ungerechtigkeiten entschieden entgegenzutreten, betonte Margarete Koppers in ihren abschließenden Worten. Im Anschluss an die Reden gedachte der Künstler Donato Plögert in seinem musikalischen Vortrag der Opfer mit einem eigens für den Anlass geschriebenen Lied. Würdigende Kränze und Blumengestecke wurden vor der Gedenktafel im feierlichen Rahmen abgelegt.

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