Zufällig gefunden

Ingo Knechtel

hatte ein Kollege einige alte Briefmarken und schickte sie mir dieser Tage, denn er kannte meine Sammelleidenschaft. Es waren DDR-Gedenkmarken zum Jahrestag der Pogromnacht und zur Synagoge in der Oranienburger Straße. Mitten darunter steckte ein textiles Firmenzeichen, wie es als Produktkennzeichen in Hemden oder anderen Wäscheartikeln eingenäht ist. Ich schenkte dem keine Beachtung, wollte es wegwerfen. Dann schaute ich genauer hin: „Tegro Dresden“, stand da. Und nach der Adresse ein Satz, der mich erschaudern ließ: „rein arisches Unternehmen“. Hitlers Rassengesetze als Markenzeichen! Mein Interesse war geweckt. Eine Internet-Recherche im Dresdener Handelsregister von 1943/44 ergab unter Eintrag B 449, dass es sich um die Textil-Groß- und Einzelhandelsgesellschaft m.b.H. mit einem Geschäftsführer namens Ewald Freiherr von Freyberg handelte. Auf Anhieb fand ich noch mehrere andere Firmen, die sich mit ihrer „arischen Haltung“ öffentlich brüsteten. Bestimmt ließe sich noch Näheres in Erfahrung bringen. Ich dachte daran, wie spannend es war, als Kind in Kisten auf dem elterlichen Dachboden zu kramen. Immer wieder hatte ich Fragen an die Eltern oder Großeltern. Vielen geht es vielleicht heute ähnlich. Als Erwachsene suchen sie dann auch zielgerichtet nach mehr Informationen zu den Fundstücken, im Internet, in Bibliotheken und Archiven. Es finden sich Gruppen in Vereinen zusammen, wie die Geschichtsfreunde Karlshorst im Kulturring oder die AG Rosa Winkel, und nähern sich den verschiedensten Themen in gemeinsamer Arbeit, bereiten Publikationen und Ausstellungen vor. Vielleicht weckt das auch Ihr Interesse und ein Zufallsfund bringt Sie auf interessante Spuren. Vergangenes wird so lebendig, für Gegenwart und Zukunft wird Vieles klarer.

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