Unverstanden

Ingo Knechtel

fühlen sich dieser Tage einige unserer Mitbürger, manche sogar ausgegrenzt. Einige merken dabei nicht, in welches Fahrwasser sie vielleicht geraten, manch einer unserer Politiker reibt sich verwundert die Augen. Melden sich da die oft beklagten Nichtwähler zu Wort? Aber ist all das wirklich eine so große Überraschung? Die oft verkündete Prämisse, alle werden in unserer Gesellschaft gebraucht, bleibt viel zu oft leider unbeachtet. Junge Fachkräfte werden benötigt, gern auch aus dem Ausland. Von dort, wo sie eigentlich viel nötiger gebraucht würden, werden sie oft auch abgeworben. Langzeitarbeitslosen im eigenen Land werden die Förderprogramme zusammengestrichen. Bürgerarbeit ist abgeschafft. Ein-Euro-Jobs werden ständig gekürzt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Zahl der vom Jobcenter Treptow-Köpenick in diesem Jahr angebotenen Förderplätze wurde nahezu halbiert. Und bei der gemeinsamen Vergabe der Stellen setzt das Bezirksamt noch eins drauf und streicht die Kulturträger komplett aus den eingereichten Projektlisten. Das Jobcenter Lichtenberg macht es schon seit einiger Zeit vor. Leider gibt es zu viele Bespiele, wo Menschen, die arbeiten wollen, vor den Kopf gestoßen werden. Viele der zu uns kommenden Migranten wollen in diesem Land arbeiten und nicht in Sammelunterkünften mit ihrem Schicksal hadern. Für beide Gruppen sollten dringend Mittel dafür bereitgestellt werden, und zwar schnell und unbürokratisch. Wer gemeinsam arbeitet, lernt sich besser kennen. Überhaupt ist es in einer solchen Situation wichtig, nicht zu polarisieren, sondern Vorurteile durch Dialog, durch das Werben für gegenseitiges Verständnis abzubauen. Möglicherweise merken alle Beteiligten dabei, dass sie ähnliche Probleme haben und eigentlich „nur“ ein selbstbestimmtes, glückliches Leben führen wollen. Das geht ausschließlich miteinander, sicher manchmal auch im Streit und in der Auseinandersetzung, aber immer mit Toleranz und Respekt vor den Überzeugungen des Anderen. Denn in der Welt von heute gibt es kein nah und fern, kein Land der Glückseligen.

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